THE BOO RADLEYS – Kingsize :: CREATION/DOUBLE-T MUSIC
Sie müßten jetzt niemandem mehr etwas beweisen, sie müßten jetzt nicht mehr kontrovers sein. Sie könnten jetzt seelenruhig einfach nur eine wunderschöne Platte machen. Tönten unlängst die Manic Street Preachers. So wie es aussieht, müssen die Boo Radleys nun niemandem mehr etwas beweisen. This is the truth of the Boos.
Für ihre Singles erhielten sie stets Verdienstorden am Bande, ihre Alben waren dagegen – wenn man es einigermaßen nett ausdrücken will – „interessant“. Begleitend erzählten sie dann gern mit Liverpooler Akzent was vom Pferd und was von den Beach Boys. Insbesondere „C’Mon Kids“, das letzte Album, konnte man nicht mögen, nicht ernsthaft. Bei den Boo Radleys weiß man nie, was als nächstes kommt.
Der Trieb zur Abwechslung ist geblieben, doch die akustischen Monstergebilde bleiben auf „Kingsize“ aus. Das, was zuletzt und bisher nach hinten losging, erweist sich diesmal als Trumpfkarte. Vieles klingt zwar zunächst wie „schon mal gehört“, dann aber plötzlich wie gerade erst erfunden, wer sonst bringt John-Barry-Dramatik, Kifferbeats, Sixties-Pop, Gitarrenrabatz, Kammermusik und Easy Listening (transferiert in die Vtfelt des Schrammel-Pop) so flott und ohne Alleskleber und einen Hut? Wer sonst kümmert sich um den alten Zeitungskiosk in Hamilton Square oder spinnt Geschichten um den Eurostar? Style Council würden es vielleicht tun, gäbe es sie noch – zumindest finden wir sie im abschließenden Stück „The Future Is Now“ wieder. Bei „Comb Your Hair“ wird dann netterweise Phil Spector gegeben, bevor sich Sänger Sice in „Song From The Blueroom“ als Barry Manilow der Indie-Herzen beweist. Dazu gibt’s einen Ausflug ins Big-Beat-Land: Bei „Free Huey“ chemicalbrothern die Boo Radleys bis zum Anschlag, bis wirklich jedermann „And you know you gotta be all you can be“ mitkrakeelt. „Kingsize“ ist ein absolutes Highlight für die an Glanzstücken ohnehin nicht ganz arme Creation-Diskographie, und wenn man eine einzige Creation-Platte zum Mars schießen sollte (aber natürlich nicht nur eine!), wäre dies durchaus ein heißer Kandidat