The River & The Thread :: Mehr als Country: ein Tagebuch, das die Stile transzendiert

Vor acht Jahren begann Rosanne Cash, sich mit dem musikalischen und kulturellen Erbe ihrer Familie auf Albumlänge auseinanderzusetzen. Vater Johnny und Stiefmutter June Carter sowie die leibliche Mutter Vivian Liberto waren kurz nacheinander gestorben, das Album „Black Cadillac“ wurde zur dunklen Seelensuche. Einige Jahre später entstand „The List“, für das Cash eine Auswahl jener Lieder aufnahm, die der Vater einst für sie auf seiner legendären Best-of-American-Music-Liste zusammengefasst hatte.

Nun erscheint mit „The River & The Thread“ eine Art musikalisches Tagebuch. Mit ihrem Ehemann, Gitarristen und Produzenten John Leventhal war Cash durch den amerikanischen Süden gereist, nach Arkansas, Tennessee, Alabama und Mississippi, und den eigenen Wurzeln auf die Spur gekommen. Auf dem Cover steht sie auf der einst von Bobbie Gentry besungenen Tallahatchie Bridge und sieht den Fluss hinab, als würde er das ganze Wissen um die mythische Qualität und die Geschichten der Menschen südlich der Mason-Dixon-Linie in sich tragen. Es ist auch ihr Wissen: „A feather’s not a bird, the rain is not the sea, a stone is not a mountain/ But a river runs through me“, singt sie in dem wundervollen Opener „A Feather’s Not A Bird“.

„The River …“ transzendiert auf Cashs stille Weise die Stile, Delta-Blues mit Country und Appalachian-Folk mit Gospel. Cash singt ihre mal selbstreflektierende, mal narrative Lyrik mit literarischem Ton und leisenüchternem Alto. Die von Leventhal zurückhaltend inszenierte Musik fügt sich diesen Erzählungen und summt mit der Melancholie der Erinnerung. Doch nichts hier ist billige Sentimentalität: In Cashs Seufzen steckt die ebenso gebrochene wie romantischstolze Poesie des Südens -und die Erkenntnis, dass nichts das Leben tiefer prägt als die eigene Herkunft.

Drei Alben von Rosanne Cash: eine Rückkehr, eine Versöhnung, eine innige Umarmung. (Blue Note/Universal) JÖRN SCHLÜTER

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