The Rolling Stones – Get Yer Ya-Ya’s Out!

Deluxe-Edition des Live-Mitschnitts, mit Konzerten von Ike & Tina Turner und B.B. King

„Gimme Shelter“ von der ursprünglichen Setlist der Tournee fehlt hier immer noch. Komplett ist jetzt das, was die Band bei dem fünf Tage später in Los Angeles am 8. November 1969 mitgeschnittenen „Cocaine On A Dentist Chair“ spielte – allerdings nicht in der ursprünglichen Reihenfolge für diese Deluxe-Edition rekonstruiert, sondern mit den älteren Songs („Under My Thumb“, „I’m Free“ und „Satisfaction“) und den Country-Blues-Nummern („Prodigal Son“, „You Gotta Move“) als Zugabe auf der zweiten CD und einer Bonus-DVD. Was man als vertane Chance durchaus auch bedauern kann. Nicht zuletzt, weil die vorhandenen Bänder die Möglichkeit geboten hätten, ein definitives und authentisches Tondokument dieser legendären Tournee mit dem fatalen Finale auf dem Speedway von Altamont zu erstellen, noch dazu ein in puncto Klangqualität entschieden besseres als die der Bootlegs.

Aber offenbar mochte man beim Abkco-Management nach vier Jahrzehnten nicht den Nimbus dieses New-York-Gastspiels zerstören, den auch sonst nicht zimperliche Kritiker wie der junge Lester Bangs mit wohlwollenden Anmerkungen förderten. Der geniale Einfall hier war nicht der gewesen, die Mitschnitte durch sorgfältige Vokal-Overdubs aufzuhübschen (wofür man sich in den nächsten zwei Monaten mehrfach in den Olympic Studios in London einfand). Der bestand vielmehr darin, bei den aus drei Auftritten (im Madison Square Garden und im Civic Center in Baltimore) ausgewählten Aufnahmen durch ein anderes Sequencing einen neuen dramaturgischen, jetzt richtig dramatischen Spannungsbogen zu erzeugen. Das als zehnter Song gespielte „Midnight Rambler“ war dabei Finale und Höhepunkt des ersten Akts, das normalerweise schon als dritter musizierte „Sympathy For The Devil“ furioser Auftakt des zweiten. Noch durfte Mick Taylor hier nur bei wenigen Gelegenheiten wie dem Solo bei „Love In Vain“ brillieren. Der Kollege am Bass und erst recht Charlie Watts waren die heimlichen Stars.

Als man in den kommenden Jahren Mick Taylor noch mehr als Solisten brillieren ließ, sollten auch die Herrn Jagger und Richards später bei epischen Fassungen von „Sympathy For The Devil“ und „Midnight Rambler“ im Konzert noch zu einiges größerer Form als an den beiden Abenden in New York am 26. und 27. November 1969 auflaufen. Leicht irritiert darf man bei dem hier getriebenen Aufwand (eine schöne Broschüre mit Fotos und Anmerkungen von Ethan Russell, Lester Bangs‘ Kritik nachgedruckt) konstatieren, dass es sich bei den Aufnahmen der Bonus-CD offenbar um höchst passable neue Remixes handelt, während sich das Remastering beim Original-Album gegenüber dem der Hybrid-SACD von 2002 gerade mal auf einen gut zwei dB höheren Überspielpegel beschränkt. Dass für die DVD im Archiv nicht mehr dokumentarisches Material zur Verfügung stand, erscheint doch eher zweifelhaft.

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