The Way Life Goes :: Der Ex-Cinderella-Sänger hat nach 20 Jahren wieder den Blues

Ein bluesiges Hardrockriff, ein markerschütternder Schrei -das geht ja gut los. Als wäre wieder 1994. Damals erschien „Still Climbing“, das letzte Album von Cinderella, weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Titel klang wie blanker Hohn, ihre Zeit war einfach vorbei. Dabei gehörten die Amerikaner jahrelang zu den besten der sogenannten Hairmetal-Bands -ein Genre, in das sie strenggenommen allerdings gar nicht passten. Tom Keifer, Sänger und Songwriter, hatte zwar seinen Schwarzschopf zeitgemäß auftoupiert, seine Lieder orientierten sich aber nicht nur an klassischem AC/DC-Hardrock, sondern auch an Blues und Country. Auf „Night Songs“ (1986),“Long Cold Winter“ (1988) und „Heartbreak Station“(1990) gab es ein paar Hymnen für die Ewigkeit, doch dann ging alles schief. Die große Europatour 1991 fiel aus, weil die harten Typen wegen des Irak-Krieges Angst vor Anschlägen hatten, Grunge machte allem Pomp ein Ende, die Band zerstritt sich, Keifer verlor vorübergehend seine Stimme und bekam Depressionen.

Jahrelang hieß es, dass der Sänger bald ein Soloalbum veröffentlichen werde, nie passierte etwas. Und jetzt ist es plötzlich da, nach fast 20 Jahren -und der 52-Jährige sieht nicht nur genau wie früher aus, er klingt auch immer noch, als hätte er eine Raspel verschluckt. Allerdings setzt er nicht nur auf Nostalgie, wie im korrekt benannten Auftakt „Solid Ground“. Gleich der zweite Song, „A Different Light“, überrascht: Da keift und kreischt er gar nicht, sondern singt. Bei den Strophen will man sofort mit, der hohe Gesang im Chorus ist dagegen Geschmackssache. Balladen kann er auch noch: In „Thick And Thin“ beteuert Keifer mit aller Macht seine Liebe, und doch denkt man nach ein paar Minuten: War „Nobody ’s Fool“ nicht rührender? Und fehlt nicht ein Rock’n’Roll-Bekenntnis wie „Shelter Me“?

Die akustischeren, ruhigeren Songs wie „Ask Me Yesterday“ stehen ihm heutzutage besser, manche Kraftrocknummer ist nur Malen nach Zahlen („Fool’s Paradise“) oder lag einfach zu lange herum („Babylon“). Der romantisch schunkelnde „Flower Song“ erinnert dagegen an selige Zeiten, das wütende „Ain’t That A Bitch“ eher an andere -und doch begeht Keifer nicht den Fehler, sein Schicksal zu bejammern. Es hätte ja viel schlimmer kommen können; viele 80er-Jahre-Hardrocker haben sich nicht halb so gut gehalten. Hören Sie sich mal das neue Album von den ebenfalls zurückgekehrten Kingdom Come an (Warner) BIRGIT FUSS

The Milk Carton Kids

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