The White Stripes – Get Behind Me Satan
Kapitel fünf, in dem unsere zwei Helden in die Hölle hinabsteigen, und in der Hölle steht bekanntlich ein Klavier. Es ist das schöne Instrument, das sich der Teufel als Andenken von den Sessions zu „Sympathy For The Devil“ von den Stones mitgenommen hat, zusammen mit Rasselwerk, Maracas schwer wie Schneeketten, Xylophon. Und weil Satan mal kurz außer Haus ist, um an einer Wegkreuzung auf die nächste blauäugig vorbeischlendernde Garagen-Blues-Band zu warten, heizen unsere Freunde Jack und Meg die Herdplatten und Fegefeuer an, und es geht los.
Und das bedeutet, das in den nächsten zwölf Monaten niemand sein Exemplar von „Elephant“ braucht, denn „Get Behind Me Satan“ ist einerseits mehr vom Selben und andererseits ein Sprung nach vorn, den man den White Stripes – die oft so verbiestert wirken – nicht zugetraut hätte. Ein verstörenderes Stück als „The Nurse“ hat man von keiner dieser typischen Bands gehört: eine Geschichte von der Angst, im Krankenbett gemeuchelt zu werden, vom Knochenklang der Marimbas getragen, quer durchhackt vom Schlachterhämmern der Todesschlange Meg. „Forever For Her (Is Over For Me)“ ist dagegen ein Himmelslied mit nieselnden Tremolos auf den höchsten Tönen aller verfügbaren Schlaginstrumente. „Let’s do it, like the birds and the bees“, heult, hechelt Jack, der sich diesmal eh auf virtuose Schweinereien konzentriert. „My Doorbell“, ein Piano-Galeerentrommel-Soul, schlägt alle notgeilen Blueser: „Im thinking about my doorbell, when you gonna ring it?“
Man kann White gerne vorwerfen, daß er die meisten dieser Songs schon mal geschrieben hat – die Hastigkeit, das Ein-Lied-pro-Tag tragen die White Stripes ja offensiv vor sich her. Country-Throwaways „Little Ghost“ und „l’m Lonely (But I Ain’t That Lonely Yet)“ können nur aus einer Welt kommen, in der die Herzen der Musiker so heiß sind, daß sie das Zeug von selbst ausspucken. Die White Stripes sind mindestens so sehr eine HipHop wie eine Bluesgruppe: Der Beat muß da sein, der Hook muß gut sein, der Rest ist Assoziation, Performance, manchmal pures Geraschel mit den Pfauenfedern. Satan liebt und fürchtet sie.