The Wime Stripes – White Bood Cells
Der Hype hat wieder recht: Duo aus Detroit mit ralligem Fuzz-Blues Vielleicht ist der junge Mann eines Morgens auf einer Müllkippe erwacht, mit Blut aus einer fremden Nase am Hemd und einer Flaschenscherbe im Schenkel. Taufte sich Jack White, weil er seinen Namen vergessen hatte und ihm kein besserer einfiel. Nahm sich eine Frau zur Schwester, nannte sie Meg, denn er wollte sich auf sie reimen. Dann griff er die Gitarre und spielte den Blues. Er konnte sich nicht mal erinnern, diese Musik je zuvor gehört zu haben. Deshalb sagte er, er habe sie eben selbst erfunden.
Das haben alte Meister wie Blind Willie McTell und Son House, auf die sich der 25-jährige Jack White von den White Stripes indirekt beruft, auch gemacht: Songs geklaut, Identitäten vorgetäuscht Journalisten in Detroit behaupten, die Duo-Partnerin Meg sei nicht seine Schwester, sondern die geschiedene Frau, was man in England gleich mit hardnews verwechselt hat. Dort sind alle sensibel, seit überglückliche Kritiker lang vor den Amerikanern die Strokes entdeckt haben. Bei den White Stripes kamen die Briten nur als zweite an, längst hatte einer im US-Entertainment Weekly“ geschrieben, dass Detroit das neue Seattle ist Nirvana können die White Stripes nicht sein, vielleicht die neuen Beatles oder der neue Eddie Cochran oder der neue John Lee Hooker, der früher mit dem Fuß den Takt schlug wie nun Jack White im kindlichen Liebeslied „We’re Going To Be Friends“. Den Job macht sonst Schlagzeugerin Meg, betontrocken, mehr brauchen sie nicht. Es ist Hastigkeit, Ungeduld. Kein minimalistischer Vorsatz.
Die Songs auf „WhiteBloodCells“ (dritte Platte, erste in Europa) sind ausnahmslos simpel und eingängig, aber das eigentlich Erschütternde ist die Art, wie sie gespielt werden. White lässt die Gitarre perlen wie auf alten Rock’n’Roll-Singles, nützt in freiem Fall die Fuzz-Pedale, die man damals nicht hatte, reißt mit der Feinmotorik seiner Finger die Stimmung rauf und runter. Manche Stücke sträuben sich schier gegen die Hegemonie, die Drummerin ist das einzige Wesen, das den Takt in Whites Kopf hören kann.
„You gotta love me!“ schreit er in „The Union Forever“ mit der Robert-Plant-Version seiner Stimme, der beleidigte Narziss, dessen Welt durch Sonnenauf- und Untergang, durch Liebe und nicht Liebe strukturiert wird. Dann singen die zwei kurz zusammen: „300 people living out in West Virginia/ Have no idea of all these thoughts that lie within ya – but now!“ Dieselbe Schule des Selbstbewusstseins, von der die Strokes kommen. Nicht in Seattle, sondern im Delta-Sumpf.