Therapy? – Shameless

Hier wird nicht lange gefackelt., J’m sick and tired of going nowhere“, schreit Andy Cairns gleich im ersten Song „Gimme Back My Brains“ und diskreditiert damit den größten Hit von Therapy?. Aber er hat ja Recht: Die Nordiren sind langsam zu alt, um immer noch auf teenage angst und Perspektivlosigkeit zu machen, und im Gegensatz zu vielen Kollegen haben sie das rechtzeitig gemerkt. Was beileibe nicht bedeutet, dass das Quartett keinen Krach mehr machen will.

„Shameless“ ist immer noch dynamischer Punkrock, der sich nicht schämt, wenn hin und wieder Ramones-Zitate hervorblitzen. Kein Song dauert fünf Minuten, die meisten werden in drei abgehandelt. Aber die einstige Wut scheint verraucht, der verzweifelte Zynismus ist nur noch selten zu hören. Therapy? üben sich in dezentem Optimismus, unterlegt von den üblichen

treibenden Drums, Schrammelgitarren und Pop-Melodien. Nach elf Jahren wissen sie genau, wie ein Therapy?-Stück zu klingen hat. Überraschungen darf man da nicht erwarten, aber enttäuscht wird man von ihnen eben auch nie. Da weiß man, was man hat.

„This One’s For You“ mag noch vom „suburban jail“ erzählen, doch Andy und Freunde sind längst ausgebrochen. Und wenn vom „Wicked Man“ die Rede ist, will man das auch nicht recht glauben – obwohl Cairns sein Bestes gibt, um böse zu klingen. Der Mann kann ja dermaßen fies singen, dass es schon wieder lustig ist. Bei Joey“, einer Hommage an den verstorbenen Rennfahrer Joey Dunlop, geht er mit dem Gegröle dann aber doch zu weit. Dafür gibt er in „Tango Romeo“ zu Anfang den brummenden Romantiker, nicht ganz ernst gemeint wohl, aber durchaus überzeugend. Eine Kunst, die Therapy? bei allem Drive exzellent beherrschen, ist die der Pause. Mal unterbricht ein lehrerhaftes „No mote drugs for this young man!“ den Song, mal wird mitten im Gelärme gestoppt und leise weitergemacht. Und auch wenn sie nie wieder so viele Hits schreiben können wie für das „Troubkgum „-Album – man muss diese Kerle einfach mögen. Es gibt nicht viele, die gleichzeitig so komisch und so krank, so einprägsam und so energisch klingen können – und dabei gar nicht planlos. Das allein unterscheidet sie von fast allen jüngeren US-Kollegen. Goingsomewhere.

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