Tortured Soul :: Das Soul-Revival mag heruntergebrannt sein, doch solange Genre-Großtaten wie „Tortured Soul“ dem Feuer neue Nahrung geben, wird es nicht erlöschen. Gleich die ersten Takte sind voll flirrender Spannung, Marvin Gayes „What’s Going On“ klingt an, Funk-Statements rollen auf breiter Front heran, eine Gitarre schreit Wah-Wah, die Hammond macht Wumm, Streicher und Bläser mischen sich an strategischen Stellen ein. So raffiniert diese Arrangements sich anschmiegen, so roh, sinnlich und völlig unsteril sind die Aufnahmen. Nicole Willis singt autoritativ, ihre Stimme bleibt indes im organisch mäandernden Mix als Instrument erkennbar, melodieführend sowieso, aber auch als klangfärbendes Element. Die Songs der vor bald 50 Jahren in New York geborenen, auch bildenden Künstlerin drehen sich nicht selten um die dort verbrachte Jugend. Immerhin lebt sie inzwischen in Finnland, wo das Leben ein anderes ist. „We took the bus to Rockaway Beach“, schwelgt sie wehmütig in Erinnerungen, „and we didn’t come home til dark.“ Kein Wunder, dass dieser Song „Best Days Of Our Lives“ heißt. Kein kleines Wunder indes, dass die Musik, diese mal fiebrig vibrierenden, mal swingenden, stets kongenialen Töne von veritablen Finnen erzeugt werden, bei denen der eigentlich eher für Baukasten-Elektronik bekannte Jimi Tenor, seines Zeichens ebenfalls Finne und nebenbei Gatte der Sängerin, als Saxofonist aushilft. Man glaubt, einer gemeinsamen Session der Chambers Brothers und Vandellas beizuwohnen, wenn das Sextett aus Suomi in Garage-Soul macht, die Riffs scharf, der Sound heavy und doch homogen und hochdynamisch, auf dem mitreißenden „Time To Get Business Straight“. Doppel-LP, Foldout-Cover. (Timmion)
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