World Party – Egyptology

Der Vorwurf, er sei ein Kunsthandwerker, trifft Karl Wallinger durchaus zu Recht Da sitzt er in seinem 18-Spur-Studio und bastelt Platten. Selbst ist der Mann! Er ist ein KontroUfreak, jemand, der nicht gern delegiert Und so zimmert, werkelt und schraubt er an den Tönen und Klängen herum, bis sie richtig sitzen. Man muß an Heimwerker denken, die Stühle herstellen: antik aussehend, aber trotzdem neu. Es würde nicht verwundern, wenn Wallinger seine kleine Werkstatt scherzhaft „Abbey Road“ getauft hätte. Denn er baut bevorzugt Beatles-Stühle. Ab und zu fertigt er, ganz Zimmermann!, auch mal einen Dylan-SchemeL Oder Drake-Kommoden, Beach Boys-Tischchen.

Wallingers Arbeiten sind wertvolle Einzelstücke, ^gyptology“ ist erst das dritte World Party-Album in diesem Jahrzehnt Mit „Goodbye Jumbo“ von 1990 war er einer der ersten, die sich zu den Sixties zurückwandten. Jetzt machen sie es alle, die Abräumer Oasis vorneweg. Die Masse der Beatles-Epigonen droht ihn

alt aussehen zu lassen. Was ihn selbst anscheinend wenig kümmert.

Denn ,£gyptology“ beginnt wie ein Tag, an dem die Sonne scheint und ein warmer lauer Wind weht So schön, so schmerzlos. Zur Eröffnung singt Wallinger „It Is Time“ einen Song, der von den Möglichkeiten des jeweils nächsten Moments handelt Und eine Art Gegenstück zu „Turn Turn Turn“ von den Byrds. Diese hatten einst behauptet, ein jedes Ding habe seine Zeit Wallinger sagt nun: Man kann alles immer machen. Jede Zeit ist meine Zeit. Ein Song gegen die Melancholie des Verfallene, aber auch ein Manifest des Eklektizismus. Die ersten Songs sind bündig, angenehm, schnell vorbeirauschend. Gut gemacht Nach hinten hin wird Wallinger episch. Seine Geschichten werden länget, seine Stimme drängt – und ,JEgyptology“ entwickelt einen seltsamen Sog. Spätestens ab „Rolling Off A Log“ ist man in einer High Llamas-artigen Schleife gefangen, Wallinger nennt das den „stränge groove“. Er betreibt so eine Art ward dropping, läßt große Substantive wie „Geschichte“, „Liebe“ oder „Beten“ vorbeiziehen. Jahrtausende entfallen ihrem Flug. Wallinger demonstriert, wie man sich mit großen Worten und verschwundenen Inhalten virtuell wohl fühlen kann.

In der zweiten Hälfte des Albums verwandelt sich dann das Kunsthandwerkliche in etwas ganz und gar Künstliches, das bezaubern kann: Magisches Theater. Der letzte Song „Always“ hat vollends etwas Schwebendes, Traumartiges. Als ob er eigentlich nicht ganz da wäre.

Nothing is real

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