Yello – The Remaster Series
Die größte Wertschätzung genießen Yello vermutlich unter „Saturn“- und „Mediamarkt“-Mitarbeitern. Wenn so ein Verkäufer mit wissendem Lächeln die gepolsterte Tür des Audio-Vorführstudios schließt, weiß er: Ohne sündhaft teure HiFi-Anlage ist Yellos Bombardement der Klänge nur der halbe Spaß.
Seit 1980 stehen die Schweizer für innovative Elektronik, für journeys into sound und für eine Musik, deren humorvoller Gimmick-Charakter selbst Nicht-Musikkennern gefällt. Bereits das Debütalbum „Solid Pleasure“ (3,5) war eine atemberaubende elektronische Achterbahnfahrt: funky Klangblasen, summende Mönchschöre und mehr zwitschernde und zischelnde Synthesizer als bei The Human League und Heaven 17 zusammen. Es klopft, klackert und klöppelt aus allen Ecken – und der Techno-Punk von „Bostich“ ist schlicht revolutionär.
Wie bereits der Vorgänger, erschien auch „Claro Que Si“ (3) auf Ralph Records. Das Label der Residents veröffentlichte auch den wunderlich verschrobenen New-Wave von Tuxedomoon, MX-80-Sound und Snakefinger. Mit ihrer dunklen Elektronik, den manchmal etwas zu prätentiösen, aber immer sehr tanzbaren Inszenierungen von ,Avantgarde“ paßten Yello hervorragend zur W.E.I.R.D. Organisation der Residents.
Auf „You Gotta Say Yes To Another Excess“ (4), dem stimmigsten Yello-Album und kommerziellen Durchbruch, tritt der ironische Humor stärker in den Vordergrund. Die davor immer etwas zu überladenen Stücke sind nun so rund, stimmig und doppelbödig wie der Smash-Hit „I Love You“. Dieter Meier brummelte jetzt ausschließlich mit der von Whiskey und Tabak rauhen Stimme eines Bonvivants. „Great Mission“ – eigentlich nur das dreiminütige Vorspiel zu den rhythmischen Exzessen des Titelsongs – ist ein spaßiges Voodoo-Abenteuer im synthetischen Mambo-Rhythmus: „The jungle near Manaus, the Amazonas full of Piranhas, the birds of paradise….“
Nach dem Eighties-Pop-Overkill von „You Gotta Say Yes To Another Excess“ wurden Yello zum Duo: Der düstere Carlos Peron verließ die Band und produziert seitdem Soundtracks für S&M-Partys.
Boris Blank und Dieter Meier weinten ihm vermutlich keine Träne nach und stießen mit „Stella“ (3,5) noch weiter in Richtung High-Tech-Urwald-Pop vor. Das klingt mal schwül sehnsüchtig wie „Desire“ – und mal so aufgedreht Maracas-rasselnd wie „Oh Yeah“. Nie davor und nie mehr danach war eine Schweizer Band in den USA so erfolgreich. Selbst ein völlig zugekokster DJ schaffte es mühelos, das rockige Stampfen von „Domingo“ hinter einen Frankie Goes To Hollywood-Track zu placieren. Überraschen konnten Yello jetzt allerdings nur noch im Detail, mit besseren Soundeffekten und neueren Musikcomputern. Das Rezept der Songs war auf ewig in die Festplatten gemeißelt: Über einem wild wirbelnden, mit reichlich Baß gesättigten Beat rollte Boris Blank regelmäßig seinen hochflorigen Klangteppich aus. Analoge Dampfmaschinen und digitale Samples setzen Akzente, den Rest besorgt Dieter Meier mit einer Stimme zwischen Märchenonkel und perversem Lustmolch.
„One Second“ (2,5) zeigt dementsprechend deutliche Anzeichen von nachlassender Kreativität: Lediglich das von Shirley Bassey gesungene „Rhythm Divine“ ragt aus dem uninspiriert wummernden Eintopf. So klingen die Soundtracks von Filmen, die sich mit den Wundern des blauen Planeten beschäftigen.
Das 1998 veröffentlichte Album „Flag“ (2) war auch nicht besser, enthält aber mit „The Race“ den (unverständlicherweise) größten Hit des Duos: Platz 4 in den deutschen Charts. „Blazing Saddles“ ist ein Alptraum und klingt mehr nach Modern Talking als nach den frühen Meisterwerken. Das Interessanteste an Yello ist seitdem das charmante Geplauder von Dieter Meier, seine Geschichten über Kunst, professionelles Pokern und die erhebliche Last eines Millionen-Erbes.