Schon immer auf US-Vorbilder fixiert, hat Texas nun endgültig das Fernweh gepackt

Dieser Chorus… das ist überhaupt das Beste am Song! Und natürlich die Stelle, an der Graham Coxon singt..“ Sharleen Spiteri tiriliert Blurs „Tender“, und ihre Augen leuchten, als hätte sie gerade eine mega-rate Marvin Gaye-Flexidisc mit handgemaltem Cover entdeckt. Trotz Millionen verkaufter Tonträger ist sie immer noch Fan.

Und bekommt immer noch Herzklopfen. Beispielsweise, wenn sich am anderen Ende der Leitung die „Giorgio Moroder Company“ meldet. Waaahnsinn! „Giorgio druckste nun. Er glaubte, wir wollten einen dieser neuartigen Retnixe für unser Stück ‚Summer Son‘. Da wäre er doch nicht der Richtige für. Dabei wollten wir doch, daß er damit genauso vorgeht wie seinerzeit bei Donna Summer und Blondie.“

Die Stimme am anderen Ende der Leitung kann aber auch Kathy Sledge gehören. „Ich liiiebe Sister Sledge. Roger Sanchez sprach gerade mit Kathy, als er einen Remix für ‚In Our Lifetime‘ anfertigte. Ob ich mit ihr sprechen wolle… Sie würde so gerne auf dem Track singen!“

Seit Texas mit dem Millionenseller „White On Blonde“ („Aber Ihr Deutschen habt wieder nichts gekauft!“) abgewichen sind vom ausgetretenen Pfad des Blues und Country-vermatschten Pop, werden sie wieder ernstgenommen – sogar vom Wu-Tang Clan! Die Begegnung mit dem hippen Grand Central-Doppel Rae & Christian veränderte ihr Leben oder gab ihm zumindest neue Beats. Nun wird ihre aktuelle Single „In Our Lifetime“ als „Hong Kong Garden“ in einer Version von Prince gepriesen, und das dazugehörige Album „The Hush“ sieht Sharleen „ab die Platte, auf die wir uns die ganzen Jahre hinentwickelt haben“. Das erzählt sie zwar bei jeder neuen Veröffentlichung – auf jeden Fall aber ist „The Hush“ die direkte Fortsetzung Von „White On Blonde“. Auch diesmal gibt’s mit „When We Are Together“ den inzwischen schon obligatorischen Motown-Fake. (Finden Sie den Fehler!) „Das Wort ‚Hush‘ benutzt man ja, um kleine Kinder zu beruhigen. Anfangs klingt das Wort laut und harsch, gegen Ende wird es immer weichet Wir fanden, daß das unser Album Nr. 5 auf den Punkt bringt.“

Da ihre Fanpost mittlerweile an eine Londoner Adresse geht (eine gute -Kensington – übrigens), hat Sharleen den nötigen Abstand, um in ihrer Heimatstadt Glasgow aufzunehmen, ohne in Routine zu verfallen. „In unserem Heimstudio darf ich mich bewegen, wie ich will. Ich kann in der Küche singen – was ich am liebsten tue. Nicht so sehr im Liegen wie beim letzten Mal.“

Die Idee, daß die horizontale Lage dem Stimmvolumen förderlich sei, hat sie natürlich aus einer Marvin Gaye-Dokumentation. Diesmal war der große Sexheiler in Form seines alten Wur-Iitzer-Keyboards im Studio zugegen. Herzklopfen, jawohl! Johnny McElhone, mein Co-Songwriter, surfte im Internet und entdeckte, daß Dave Ruffin das gute Stück auf einer Auktion verkaufen wollte. 800 Pfund – ein echtes Schnäppchen.“

So überzeugt wie Sharleen von sich und ihrer musikalischen Stammbaumfolge auf Marvin Gaye ist, so sehr zweifelt sie am Erwerb eines Oscars. Dabei wäre – der britische Film boomt, Edwyn Collins spielt einen Gangsterboß – die erste Rolle überfällig.- „An Angeboten mangelt’s nicht“, gesteht sie, „aber, nein, ich kann’s nicht!“ Doch ihr Herz beginnt wieder zu klopfen. „Wenn allerdings Scorsese anklopfen würde… Ich glaube, dann lasse ich alles stehen und liegen.“

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