Sein Bruder heißt Thom, doch Andy Yorke geht mit THE UNBELIEVABLE TRUTH eigene Wege

Andy Yorke. Fällt jemandem an diesem Namen etwas auf? Wenn ja, sollte er es für sich behalten. Andy mag es nicht, wenn man über die Sache mit seinem Namen spricht – also wollen wir das Thema bis zum Ende des Artikels aufschieben. Andy zuliebe.

Mit seiner Band The Unbelievable Truth hat Yorke gerade eines der schönsten und stillsten Alben des Jahres aufgenommen. Die Band spielt meist akustisch, Yorke singt mit sanfter, introvertierter Stimme – und zwischen den Tönen spürt man kaum einen Hauch. In fast mönchischer Beschränkung wurde hier musiziert, kein Ton zuviel fand den Weg aufs Mastertape. In der Uneitelkeit liegt die Größe, in der Stille die Kraft. Oder so ähnlich.

Jedenfalls sind Unbelievable Truth nicht ganz von dieser Welt. Sondern sie stammen aus Abingdon, einem beschaulichen Städtchen in der Nähe von Oxford. „Nicht viel los da“, gibt Drummer Nigel zu. „Aber schön ruhig“, beleuchtet Bassist Jason die Sache von der positiven Seite. „Wir lieben es“, faßt Andy zusammen. Gerade er weiß Abingdon offensichtlich wirklich zu schätzen: Von diversen Rußland-Aufenthalten kehrte er immer wieder dorthin zurück – in die kleine Stadt, zu der kleinen Band. Jahrelang waren Nigel und Jason trotzdem ziemlich eifersüchtig auf Rußland. „Dieses Land, seine Sprache und Literatur sind neben der Musik meine zweite große Leidenschaft“, schwärmt Yorke. „Russisch sprechen und übersetzen ist neben Songwriting das zweite im Leben, was ich wirklich gut kann.“ Zum Studieren und Arbeiten war Andy immer wieder dort, „aber mir fehlte dort auch die Musik. Hier in Westeuropa ist man ständig von Pop umgeben. Dort hatte ich noch nicht mal meine Plattensammlung dabei.“

Aus dieser Sammlung waren vor allem die frühen Platten von R.EJVL und die späten Platten von Talk Talk für die musikalische Entwicklung von Unbelievable Truth wichtig. „Ich würde gern so weit gehen können wie Mark Hollis, der sich ja von Songstrukturen vollkommen gelöst hat. Aber ich mache mir nichts vor und weiß, daß wir eine vergleichsweise traditionelle, an der Liedform orientierte Band sind.“

Vor allem ein Song vom Debüt-Album hat es allen angetan: „Higher Than Reason“, ein sanft swingendes Plädoyer für mehr GefühL Wer könnte es glaubwürdiger vortragen als Andy Yorke – ein Mann, dessen Wangen leicht rötlich schimmern? Während des Gesprächs scheint er immer wieder in sich selbst zurückzufallen, als Fragender holt man ihn aus irgendwelchen träumerischen Zuständen heraus. Er würde gut hineinpassen in einen russischen Roman des 19. Jahrhunderts – dort wäre er für Schüchternheit zuständig und für zarte Gedichte. Und ganz bestimmt würde er damit das Herz einer jungen Hofdame gewinnen.

Andys Verhältnis zu den britischen Mädchen ist allerdings zur Zeit ein wenig gestört – und damit sind wir bei der Sache mit dem Namen. Andy ist nämlich der jüngere Bruder von Radioheads Thom Yorke. Und bei den Konzerten ist nach den Worten Andys „immer ein gewisser Prozentsatz“ von Leuten da, die nur kommen, um mal den jüngeren Bruder von… zu sehen. In der Band wird dieser ganze Themenkomplex schlicht die Verbindung genannt – und auf die Verbindung zu Radiohead ist Andy auch heute gar nicht gut zu sprechen. „Laß uns bloß davon aufhören“, bittet er. Na gut.

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