Singkreis NYC

Wie Turner Cody den Anti-Folk-Ausverkauf verhindert: Er veröffentlicht seine Platten erst gar nicht

Bei all der Begeisterung für die kapriziösen, psychedelischen Blumen des Freak-Folk hatte man ihn fast vergessen, den handfesteren Stiefbruder Anti-Folk. Vor fünf Jahren galt er noch als Hoffnungsträger eines neuen unprätentiösen Songwritings – doch wirklich aus der Nische heraus geschafft haben es nur Adam Green und Herman Dune. „Die Anti-Folk-Szene existiert noch, aber eher als soziales Netzwerk. Man trifft sich, um zu frühstücken oder ins Kino zu gehen“, sagt Turner Cody, der seit 1999 Stammgast im Sidewalk Cafe ist, dem angeblichen Hauptquartier der Bewegung. Sechs Alben hat der 27-Jährige seitdem aufgenommen, doch erhältlich sind sie nur auf seiner MySpace-Seite. Erstaunlich, denn seit dem 2003 entstandenen „The Cody Choir“ hat der Songwriter fast alle Alben zusammen mit den großartigen Herman Dune eingespielt. „Ich habe in all den Jahren nie wirklich nach einer Plattenfirma gesucht. Es war mir wichtiger, mich als Songwriter weiterzuentwickeln. Die Alben, die ich aufgenommen habe, waren für mich eher so etwas wie Übungen.“

Nicht nur wegen seines unerschütterlichen Glaubens an die Handwerkskunst des Liedermachens, auch sonst wirkt der aus Boston stammende Mann mit dem Drei-Monats-Bart für sein Alter erstaunlich konservativ: Er liebt Classic Rock, und seine Vorbilder sind Dylan und Cohen – was man Codys eigenen Liedern durchaus auch anhört, im positiven Sinn. Doch dieser Weg war lang:

„Ich bin schon in Boston zu Open-Mic-Abenden für Folkmusik gegangen. Da waren jedoch viele ältere Typen, die einfach schlechte Musik spielten. Als ich dann nach New York ins Sidewalk Cafe kam, traf ich plötzlich einen ganzen Haufen von Leuten mit den gleichen Ideen und Vorstellungen wie ich.“

Seitdem war Turner Cody auf der „Antifolk Vol. I“-Compilation zu hören, spielte in Jeffrey Lewis‘ Musikvideo „Williamsburg Will Oldham Horror“ einen Bösewicht und tourte zusammen mit Herman Dune, bei denen er auch Bass spielt, quer durch Europa. Bevor im Herbst ein komplett neues Album erscheinen soll, veröffentlicht Turner Cody jetzt zunächst „60 Seosons“, eine Compilation mit den besten alten Songs. Vor allem „Suzzannah“ ist ein kleines Wunder: Die sprachlichen Bilder, die der Songwriter malt, sind rätselhaft, aber dabei kraftvoll und leuchtend. „‚Suzzanah“ fängt das Gefühl, das ich transportieren möchte, am besten ein“, glaubt Cody und rutscht schon nervös hin und her, weil er gleich im Biergarten mit seinem Freund Andre Herman Dune verabredet ist. Der hat seine Band verlassen, „um in Berlin eine typische Künstlerexistenz zu führen“. Soweit würde Turner nicht gehen. Er arbeitet hart an seinen Songs, und auf „60 Seasons“ hört man diese Entwicklung: von sehr einfachen Songs wie „This Springtime“ hin zu komplexeren, musikalischeren Stücken wie „Click Click Click Can Can“. Das Sidewalk Cafe hält immer noch Überraschungen bereit.

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