Sweet Lights – Süß ist das neue Cool

Vom Gratis-Download zum Plattenvertrag: In Sweet Lights schwingen Beatles und Pink Floyd

Das Gefühl, das sich einstellt, wenn man einen vertrauten Klang hört, der dann aber doch frisch und anders als das Altbekannte daherkommt: Irritation. Wie da die schwebende Harmonieseligkeit der Beach Boys zur Zeit von „Sun-flower“, der geschmeidige Gitarrenpop von George Harrison und die Produktionsraffinessen eines Jeff Lynn zu der dreiteiligen Pop-Symphonie „You Let Me Down“ verschmelzen: Herrlich. Fast beiläufig hatte ein gewisser Shai Halperin aus Philadelphia diesen Song Ende 2010 unter dem Namen Sweet Lights gratis zum Runterladen ins Netz gestellt. Davor hatte er Gitarre bei The War On Drugs gespielt, mit seiner eigenen Band The Capitol Years zwei weithin unbeachtete Alben veröffentlicht und nebenher in einem Schuppen namens Johnny Brenda’s gejobbt, wo er für die Lichtshow bei Konzerten und Partys zuständig war. „Den Leuten schien zu gefallen, was ich mit den Lichtern anstellte, denn sie kamen häufig und meinten: ‚Sweet lights!'“, erinnert sich Halperin. Und für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: „‚Sweet‘ ist bei uns das neue ‚Cool‘.“

Cool Lights schien dem warmen Klang jedoch eher unangemessen, der Halperin vorschwebte. An einem Abend im Brenda’s hatte er die damals noch weitgehend unbekannten Fleet Foxes beleuchtet, deren Harmonien und Satzgesänge ihn nachhaltig beeindruckten, wie man auf dem Sweet-Lights-Debüt hören kann, das stellenweise so verwunschen schön wie Pink Floyds „The Piper At The Gates Of Dawn“ klingt. Und es suhlt sich nicht retropopmäßig im selbstverliebten Sound, sondern reichert bekannte Strukturen mit gelooptem und verspultem Instrumentarium an. Es genügt aber, die Songtitel des Albums zu lesen, um zu erkennen, welche Band Halperin am stärksten geprägt hat: Ein Stück heißt „Are We Gonna Work It Out“, ein anderes noch unverblümter „Here Comes The Son“. „Als Kind waren die Beatles der bestimmende Faktor in meinem Leben. Jede ihrer Melodien wurde zu einem Teil meines Gehirns.“ Ende 2011 entdeckte das Indie-Label Highline Records seine Songs im Internet und nahm Halperin prompt unter Vertrag; wobei das Album-Debüt komplett in Eigenregie entstand. Das Covermotiv etwa entdeckte er im Familienalbum. Der rotstichige Schnappschuss zeigt den Songwriter als kleinen Jungen mit einem Geschenk in der Hand, in das Halperin nachträglich die Buchstaben „SWEET LIGHTS“ montierte. „Das muss an meinem sechsten Geburtstag in einem Burger King in New Jersey gewesen sein“, erzählt er. Und der Inhalt des Geschenks? „Weiß ich nicht mehr. Bestimmt so was Langweiliges wie ein Pullover. Oder Unterhosen.“

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