Tel Aviv: Zwei Häuser voller Kunst – die ROLLING STONE-Reportage

Für drei Monate zieht das Tel Aviv Museum of Art nach Berlin. Zeit für einen Trip – erst in die eine Stadt, dann in die andere

Heute ist Tel Aviv, Israels weltoffenste Stadt, das wichtigste Zen-trum für zeitgenössische Kunst des Landes: „Die gesamte Galerienszene ist hier, auch die Künstler wohnen hier, und natürlich versuchen wir zu dieser Szene gute Kontakte zu haben“, sagt Landau. Um die 60 Galerien gibt es in der Stadt, sie tun sich zu gemeinsamen Eröffnungen zusammen, zu denen die Menschen strömen wie in Berlin – kurz nach dem siebenwöchigen Gaza-Krieg im vergangenen Sommer war die Saisoneröffnung der Galerien wie ein erstes Aufatmen, ein entschlossenes „Trotzdem“. Landau liegt viel daran, das Museum an die internationale Kunstszene anzuschließen, mit Künstlern wie Jeff Wall, Douglas Gordon und Marina Abramovic, die sie mit israelischer Kunst in einen Dialog bringt. „Es geht um die Begegnung. Alles andere hätte auch keinen Sinn, denn die zeitgenössische israelische Kunst ist sehr interna-tional“, sagt sie. Das zeigt sich auch an den Biografien: Die meisten erfolgreichen Künstler gehen zumindest zeitweise fort, haben zweite Wohnsitze in New York, London – oder eben in Berlin. Hier wächst die jüdische Gemeinde stetig, junge Israelis eröffnen Restaurants und Cafés, Künstler finden Ateliers, Kuratoren gründen Projekträume, bei deren vor Vitalität brummenden Vernissagen man die jungen Gäste nicht nur amerikanisches Englisch, sondern auch Hebräisch sprechen hört.

Das Tel Aviv Museum of Art wird sich direkt in der Mitte und der Geschichte Berlins wiederfinden, unweit des Potsdamer Platzes: Vor dem Haupteingang des um 1880 als Kunstgewerbemuseum erbauten Martin-Gropius-Baus, wo heute die Touristenbusse halten, verlief bis  1990 noch die Mauer.

In dem klassizistischen Bau mit seiner Abfolge kleinerer Galerien werden ab dem 27. März die Höhepunkte aus der Sammlung des Tel Aviv Museum of Art gezeigt. Meisterwerke von Monet, Signac, Picasso, von James Ensor, Jackson Pollock, Eva Hesse oder Mark Rothko. Dazu in jedem Raum ein zeitgenössisches Werk eines israelischen Künstlers. Wie das verspielt-eskapistische Video „Treehouse Kit“ von Guy Ben Ner, in dem der Künstler sich einen Holzbaum samt Baumhaus baut und darin Robinson Crusoe spielt, mit langem Bart und flatternden Bermudashorts. Oder „Gaza Canal“ von Tamir Zadok, eine bitter-ironische Fiktion im Stil eines Werbefilms für ein neues touristisches Ziel, den Gazastreifen nämlich, der mittels eines Kanals vom Festland abgetrennt wurde und nun als künstliche Insel einen Neuanfang versucht.

Den letzten Raum nimmt Yael Bartanas Video-Trilogie über die fiktive jüdische Neubesiedlung von Polen ein. Sie kommen zurück. Und Europa wird staunen.

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