The Asteroids Galaxy Tour – Das Rotlicht-Studio

Bekannt wurden The Asteroids Galaxy Tour durch Werbung. Können die Dänen auch ohne Bierclips reüssieren?

Jetzt und hier, an diesem Abend im kleinen Saal des Amsterdamer Paradiso, ist man einen kurzen Moment geneigt, wenigstens einmal im Leben gängigen Management-Klischees zu folgen und sich einfach mal freizumachen von läppischen Nebensächlichkeiten wie Inhalten oder der Anerkennung künstlerischer Leistung. Denn dass diese Mette Lindberg da oben auf der Bühne unbedingt komplett anders inszeniert werden sollte, ja muss!, das sollte doch wohl jedem klar sein, oder?

Also: Die Band rausschmeißen (oder unauffällig am Bühnenrand parken) und „die Lindberg“, wie sie dann schon sehr bald genannt werden wird, überlebensgroß als Pop-Diva inszenieren. Mit Laufstegen, Hebebühnen, marokkanischen Tänzern, mindestens einem Tiger sowie einer Armada leichtbekleideter Hupfdohlen. Doch statt mit leuchtenden Augen zuzustimmen, behauptet Lindberg einige Wochen später in Berlin tapfer, dass es sich bei The Asteroids Galaxy Tour natürlich um eine vollwertige, ja: „handgemachte“ Band handele. Ein musikalisches Kollektiv, dem die Jugendfreunde Lindberg und Lars Iversen vorstehen, seit sie 2007 begannen, gemeinsam Songs zu schreiben. Dass Lindberg überhaupt derartige Fantasien weckt, liegt an der simplen Tatsache, dass die 25-Jährige aussieht wie eine fleischgewordene Barbie-Puppe. Stupsnase, übergroße Augen, volle rote Lippen, üppige blonde Haare. Im Internet wird sie gerne als „The hot blonde from the Heineken spot“ gesucht, was daran liegt, dass The Asteroids Galaxy Tour es mit der Teilnahme an einem Werbespot der niederländischen Brauerei zu internationaler Bekanntheit brachten.

Der dort eingesetzte Song, „The Golden Age“, lief außerdem in einer „Mad Men“-Folge sowie zahlreichen weiteren Fernsehserien, darüber hinaus war die Musik der Band unter anderem für Apple im Einsatz. Euphemistisch gesprochen, könnte man also sagen, dass Iversen und Lindberg es besser als andere verstanden haben, in diesen unsicheren Zeiten als Musiker noch Öffentlichkeit und Einkommen zu generieren. „Weder der Heineken-Clip noch der Einsatz in irgendeiner Serie macht uns reich. Es geht um den Promotion-Effekt“, sagt Lindberg.

Die Sängerin kommt aus einem Vorort von Kopenhagen. Die alte Geschichte: Die Eltern hatten die richtigen Platten im Schrank, die älteren Geschwister sorgten für die jetzt noch hörbare 80s-Sozialisation, es wurde viel musiziert im Hause Lindberg. Und dann traf sie Lars Iversen. Er spielt die Instrumente, beherrscht die Technik, sie singt. Die Texte schreiben sie gemeinsam. „Wenn ich ihm von einer Idee erzähle, weiß er gleich, wie sie klingen soll“, sagt Lindberg. Das erste Konzert spielten sie 2007 im Vorprogramm von Amy Winehouse. Bald darauf kamen Werbeangebote und Welttourneen. Bei Rock in Rio versuchten die Zuschauer fortwährend, Lindberg an die Brüste zu greifen, doch meis-tens kommen die Leute wegen der Musik.

Zurück in Kopenhagen, nahmen die Musiker nun ihr zweites Album auf, „Out Of Frequency“. „Wir haben die Platte in unserem eigenen Studio mitten im Rotlichtbezirk aufgenommen,“ sagt Lindberg, „überall Zuhälter, Nutten, Junkies – sehr inspirierend.“ Es ist eine Inspiration, die man nicht hört: „Frequency“ ist ein sommerliches Bombastpop-Album mit Reggae-, Disco-, Soul- und R&B-Einflüssen.

Dann muss Mette Lindberg niesen. Besorgt bittet sie uns, das Etikett ihres Pullovers zu prüfen, sie sei allergisch. Eins steht fest: Mit diesem Blick würde sie jeden kriegen.

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