The Blue Nile: Was Mel C sich aus Pauls Koffer holte

Eine tolle Geschichte war das, die The Blue Nile zu ihrem letzten Album, dem 1996 erschienenen „Peace At Last“ erzählten: Drei Jahre lang zogen die vier Glasgower von Stadt zu Stadt, mieteten sich für jeweils zwei, drei Monate ein Apartment in New York, Amsterdam und anderen Metropolen und setzten den jeweiligen Vibe der Stadt in Musik um.

„Es war tatsächlich eine sehr romantische, der Musik gewidmete Zeit“, bestätigt Paul Buchanan, „aber für diese Platte mussten wir zurück ins Private: ein Sandwich machen. Den Winter erleben. Kinder bekommen. Tote beklagen.“ Der leise, kunstfeine Gestus, die Entbehrungen für die Musik, die ultrararen Konzerte: Es sind diese Dinge, die The Blue Nile zu Beginn der neunziger Jahre zu einer kleinen Legende machten. Und natürlich die schmale Diskografie von nur drei Alben in zwanzig Jahren. „Die Wahrheit ist, dass mein Output einfach extrem klein ist – wäre ich talentierter, würden wir mehr Platten veröffentlichen“, seufzt Buchanan, „ich bin nun mal nicht so stolz, zu denken, alle meine Einfälle wären toll. Auf die Platte kommt aber nur, was uns wirklich bewegt. Das dauert.“

Die neun Songs vom neuen Album „High“ entstanden im stolzen Zeitraum von 14 Jahren – drei sogar schon während der Sessions zu „Peace At Last“. „Als wir die Songs zusammentrugen, hatten wir dieses unbedingte Bedürfnis nach Stille“, erklärt Buchanan, „alles um uns ist entwertet und viel zu laut. Wir haben versucht, den Wert der einzelnen Note wiederherzustellen.“

Der mit sachter Elektronik, Klavier und akustischer Gitarre inszenierte Songwriter-Pop von „High“ wird wieder den einen oder anderen Star-Interpreten auf den Plan rufen – Annie Lennox, Peter Gabriel, Rod Stewart und Alicia Keys haben früher Blue Nile-Covers aufgenommen. Just erschien auf einer Platte von Mel C. sogar ein bis dato unveröffentlichter Song aus Buchanans Feder. „Ich habe alle nicht so guten Lieder in einem dicken braunen Koffer“, verrät er, „mein Verleger drängt mich ständig, ihn da mal rein gucken zu lassen. Aber nein… das fühlt sich nicht richtig an.“ Der Kunst verpflichtet!

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