Unbehauen & unbehaust

Nach einer Krebs-Operation ist JOHN PRINE wieder genesen - und neuerdings auch als Schauspieler gefragt

Unbehauen? Unbehaust? Irgendwas dazwischen charakterisiert die Erscheinung John Prine. Die verbliebenen Haare türmen sich wie bei einer liebevoll überzeichneten Comic-Figur; und dann ist da noch diese Ausbuchtung im Nacken, wo sich zeitweilig eine Krebs-Geschwulst eingenistet hatte. Nein, der 53-jährige Songwriter aus dem Chicago-Suburb Maywood sieht nicht unbedingt aus, als habe er in den Country-Charts des Jahres 2000 irgendwas verloren. Oder etwas zu verlieren. Doch „In Spite Of Ourselves“, sein Duett-Songzyklus über die seltsamen Tage und Versuchungen der Liebe, behauptet sich dort schon seit Monaten, sogar in den US-Top 40.

Ja, das habe ihn schon überrascht, „allein, dass die Platte es überhaupt geschafft hat Klingt ja nicht wie das, was sie sonst als Country verkaufen.“

Ein gutes Zeichen? „Könnte sein. Wenn Country als Pop durchgenudelt ist, wird die Musik wieder zur Tradition zurückkehren. Wohin sonst?“

Auch Prine selbst, seit fast 20 Jahren in Nashville beheimatet, ist zurück gekehrt – zur first-take-Maxime von Produzent Jim Rooney, mit dem er 1986 schon die „German Afternoons“ zelebriert hatte. Vorbei die LA-Studio-Exzesse mit „Heartbreaker“ Howie Epstein, der „drei Tage für einen kleinen Mandolinen-Part“ einplante. Gelohnt hat sich die Mühe definitiv: „The Missing Years“ (mit Springsteen und Phil Everly) brachte ihm 1992 den ersten Grammy und reaktivierte eine brach liegende Karriere. Prompt landete Prine, der sich mit dem eigenen Label „Oh Boy“ Anfeng der 80er Jahre von den Industrie-Zumutungen losgesagt hatte, sogar in der von ihm just besungenen „Picture Show“. In „Falling From Grace“, Schauspiel- und Regie-Debüt des Kumpels John Mellencamp, gab er den Schwiegersohn, der „nach 23 Minuten ins nächste Kornfeld läuft und spurlos verschwindet“.

Hätte nicht viel gefehlt, und der ehemalige Postbote wäre keine sechs Jahre später auch im wirklichen Leben verschwunden, freilich nicht spurlos. Acht Songs von „In Spite Of Ourselves“ waren bereits im Kasten, als Ende 1997 die Krebs-Diagnose kam. Die Überlegung, nach der Genesung vielleicht ein anderes Album zu machen, habe es nie gegeben, versichert Prine. Und die Stimme? „Es gab die Überlegung, meine Stimmbänder vor der Bestrahlung zu schützen. Aber ich sagte nur: Seht zu, dass ihr den Krebs da rausholt, alles andere ist mir ja egal! Schlimmstenfalls klingt meine Stimme ein bisschen anders. Nachdem mir die Arzte versichert hatten, dass alles wieder gut werden würde, wurde es eine richtig nette Pause. Und als die Kraft zum Singen wieder da war, machten wir gleich im Studio weiter.“

Billy Bob Thornton hat Prine als Schauspieler für seinen neuen Film angeheuert. Und man kann ihn sich gut vorstellen als Alvin, den ältesten Sohn, der den Absprung aus dem Nest immer noch nicht geschafft hat, die eine Hand am Bier, die andere blätternd in einem „Zane Grey“-Western. „Diesmal bin ich im ganzen Film zu sehen“, freut sich Prine.

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