Warmes Lagerfeuer

Beim sommerlichen Oktoberfest des Nordens spielen sich die Eagles in die Fanherzen. Vielleicht ihr allerletzter Auftritt in Deutschland

EAGLES Vechta, Stoppelmarkt ****

Es regnet in Vechta. Auf dem Jahrmarktsgelände der niedersächsischen Kreisstadt bilden drei Tribünen zusammen mit der Bühne eine Freiluftarena, in der sich rund 15.000 Menschen eingefunden haben, um den vielleicht – das ist ja durchaus möglich – letzten Auftritt der Eagles in Deutschland zu sehen.

Der Name der Tournee, „History Of The Eagles“, bezieht sich auf eine 2012 erschienene Dokumentation, die Glenn Frey, Don Henley, Timothy B. Schmit und Joe Walsh zum Anlass für eine – eher punktuelle -Welttournee nahmen, die noch immer läuft. In den USA verbindet sich mit dem Namen ein Konzept: Henley und Frey beginnen allein, bis Urgitarrist Bernie Leadon für ein paar Songs dazukommt. Filme auf der Leinwand erzählen die Geschichte der Eagles, dazu macht die Band einen Rollgriff durch die Diskografie. In Vechta reduziert sich das Programm aber (fast) auf die üblichen Greatest Hits und 90 Minuten Spielzeit -anderswo war das Set um einige selten gespielte Songs erweitert worden.

Nach den Auftritten von Manfred Mann’s Earth Band und The BossHoss beginnen die Eagles mit J. D. Southers „How Long“ vom 2007 erschienenen Album, „Long Road Out Of Eden“. Bei eher mäßigem Sound ist dennoch schön, die vier Männer (live ergänzt durch fünf weitere Musiker, unter ihnen freilich Supergitarrist Steuart Smith) aufgereiht zu sehen. „Wir nennen das bei uns kanadisches Strandwetter“, kommentiert Frey den Regen. Auf „Take It To The Limit“ folgt „Tequila Sunrise“ – Frey, der all-american showman der Eagles, wirkt ungewohnt ergriffen. Er wirft sich mit deutlicher Emphase in die Musik. Insgesamt fühlt sich das Ganze schon jetzt anders an als andere Auftritte der Eagles, die manchmal arg perfekt wirken können, zumal dort oben nur selten jemand spricht – sowohl miteinander als auch mit den Fans. Sie bleiben wortkarg, doch ihre Sprachlosigkeit ist durchaus schlüssig: Beim verlängerten Outro von „I Can’t Tell You Why“ lassen sie den Song fließen, als wollten sie sich einleben im regennassen Vechta, ein Verlieren in der Musik. Es folgen „Lying Eyes“ „Heartache Tonight“ und „Those Shoes“(auf der Leinwand: S/W-Filme von Callgirls in Lackstiefeln) vom 1979er-Album „The Long Run“. Mit „In The City“ übernimmt Walsh -grimmig, knorrig, wundervoll. Freys Moderation wird zu einer herrlich albernen Angelegenheit. „Life’s Been Good“ ist Walsh-Comedy at its best. Ein Leinwand-Godzilla stapft in Stop-Motion durch eine Stadt aus Pappmaschee. Henleys bittere Medienschelte „Dirty Laundry“ ist fabelhaft – er bleibt die unbeugsame Autorität der Band.

Erstaunliche Wehmut liegt über Vechta, besonders bei Frey. Berührend nahbar die Band; durchlässige Musik, erspürter, weniger standardisiert. Am Ende sind „Take It Easy“,“Hotel California“ und „Desperado“ übergroß. Riesige Lagerfeuer, an denen alle wärmen.

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