Zwei Buddys räumen auf

Joel Silver, Produzent von „Stirb langsam“, stilisiert sich gerne als Studiomogul des alten Schlages. Sein Kollege Jerry Bruckheimer („Pearl Harbor“) dagegen wirkt so unspektakulär wie ein Mafia-Buchhalter. Dennoch sind beide bekannter als viele der Schauspieler und Regisseure, deren Filme sie erst ermöglichen. Deutsche Kinoproduzenten dagegen werden in der Öffentlichkeit noch kaum erwähnt Das mag an den mittlerweile verdammten Autorenfilmern liegen, die nach Horst Wendlandt, Impressario der Wallace- und May-Adaptionen, zwei Jahrzehnte jede Eitelkeit von Beteiligten unterdrückten. Der deutsche Film der Neunziger wiederum hat noch zu wenig Imposantes geleistet, als dass die Schattenmänner nennenswert wären. Und wenn, stand einmal mehr Bernd Eichinger im Rampenlicht auch wenn es primär seine Affären waren, die reportiert wurden.

Nach Eichinger bleiben nur noch Jakob Gaussen und Thomas Wöbke im Gedächtnis. Von den Produzenten von „Jenseits der Stille“ wird seit 1996 auf den Filmplakaten ihrer neuen Projekte gepriesen. Später eigneten sich dafür wahlweise auch „Anatomie“ und „Crazy“. Damit sind schon einige der erfolgreichsten und besten deutschen Filme der letzten Jahre genannt. Heute sind Claussen & Wöbke ein Markenname, der für anspruchsvolle, aber auch trendige Unterhaltung steht. Dass sie als „junge Vorzeige-Produzenten“ gehandelt werden, genießt Wöbke nur in Maßen, „denn wir sind nicht genial, sondern hatten neben dem richtigen Gespür auch sehr viel Glück“. Das betont auch Claussen stets, „denn wir hatten mit ,High Crusade‘ und ,Ein todsicheres Geschäft’ja auch richtige Flops“.

Einig sind sich die beiden Enddreißiger noch darin, sich selten einig zu sein. Strittiges wird ausdiskutiert mit „der Hoffnung“, so Claussen, „letztlich die richtige Entscheidung getroffen zu haben“. Ihre grundverschiedenden Charaktere wirken dabei oft als inspirierendes Korrektiv. Der Münchner Wöbke nennt Claussen einen „fleißigen, wahnsinnig zuverlässigen Hamburger“, der sein Filmstudium beendet hat und die Kurzfilme der Regiestudenten koordinierte. Gegenüber diesem überlegten, sanften Musterschüler wirkt Wöbke wie ein intuitiver, hyperaktiver Geist. Mit Anfang 20 gründete er ein „Magazin für Konsum und Kultur mit Schülerzeitungs-Appeal“ namens „Schwätzer“, weil „ich selbst einer bin“, später arbeitete er als TV-Produktionsleiter, „bis ich zum Medien-Yuppie mutiert war“. Er könne „alles und irgendwie nichts“ , perfekte Voraussetzungen für Produzenten also. Und im Marketing, lobt Claussen, sei Wöbke „eh viel geschickter und geduldiger“.

Zehn Jahre existiert ihre Firma nun, zwei Filme produzieren sie pro Jahr parallel. Jeder kümmert sich um einen Set; Drehbücher, Casting, Finanzierung und die Wahl des Verleihers klären sie nach wie vor gemeinsam ab. Daneben haben beide noch ihr persönliches Steckenpferd: Wöbke betreut die grafische Gestaltung von Vor-und Abspännen, Claussen die Soundtracks. Bei „Crazy“ aber setzte Wöbke sich gegen „meine Vorurteile“, erzählt Claussen, passend zum Filmthema mit Echt für den Titelsong durch.

Kompromißfähigkeit wird auch von den Drehbuchautoren und Regisseuren verlangt – Claussen und Wöbke reden bis zum letzten Schnitt mit. „Wir beschaffen das Geld und haben die Verantwortung“, erklärt Wöbke dazu eisern. Auch deshalb arbeiteten sie bisher mit jungen Stoffen und Leuten: Die sind billiger und biegsamer, aber auch neugieriger. Caroline Link ist so zum Regiestar aufgestiegen mit dem Drama „Jenseits der Stille“, das zuvor niemand verfilmen wollte. Auch das Drehbuch von „Was tun, wenn’s brennt?“ (Start: 31.1.), der neuen Komödie von C&W über die Berliner Hausbesetzerszene mit Til Schweiger, lag lange herum.

Erfolgsdruck spüren sie inzwischen auch. Dennoch wollen sie weitgehend autonom bleiben und Filme machen, „die in meiner Erlebniswelt spielen, damit ich sie beurteilen kann“, sagt Claussen. „Der Markt ist sowieso gnadenlos und manchmal ungerecht“ Aber: „Erfolg macht süchtig“, bekennt Wöbke. Neben einem Film über die NDW von Benjamin Quabert („Nichts bereuen“) planen sie daher „zwei dicke Dinger mit internationaler Besetzung ähnlich „Der Name der Rose'“. Eines haben sie Eichinger schon voraus: die Oscar-Nominierung für „Jenseits der Stille“. Und Wöbke durfte neben AI Pacino am Pissoir stehen.

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