20 Jahre „GoldenEye“: Er gibt sich die Kugel

Vor 20 Jahren kam „GoldenEye“ ins Kino, Pierce Brosnans erster Auftritt als James Bond

Die Namen der Frauen sind schon das halbe Vergnügen: Xenia Sergeyevna Onatopp und Natalya Fyodorovna Simonova. Die Sowjetunion hatte den Kalten Krieg verloren, aber die schärfsten Waffen liefen noch herum. Und keine ist schärfer als Xenia Onatopp, im Einsatz für die russische Terror-Organisation „Janus“ und von Famke Janssen als aasige Amazone gespielt. Die von Isabella Scorupco gespielte Natalya Simonova ist ihre Antipodin: ein treuherziges, liebgesichtiges Schätzchen, das natürlich die Welt rettet, denn Natalya ist ohne Arg. James Bond hat es also wieder mit beiden Archetypen zu tun: der Hure und der Mutter.

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Seit „Der Hauch des Todes“ waren sechs Jahre vergangen. Es gab Vertragsschwierigkeiten zwischen der Produktionsfirma Eon und MGM/United Artists, die den neuen Film verzögerten. Angeblich gab der ungeliebte Timothy Dalton die Rolle ab, obwohl der Vertrag noch einen Film vorsah. Albert R. Broccoli, der an dem grimmigen Theaterschauspieler festgehalten hatte, verpflichtete 1994 Pierce Brosnan, der aussah, als wäre er als James Bond auf die Welt gekommen. Der Ire sollte bereits 1986 die Rolle seines Leben spielen, doch kurz vor dem Ziel wurde die Fernsehserie „Remington Steele“ verlängert – Brosnan musste seinen Vertrag erfüllen.

Die Frau – oder die Welt? Bond muss sich entscheiden

Vier Drehbuchautoren schrieben an „GoldenEye“, und das merkt man dem Film natürlich an. Bond muss von vorn beginnen, indem er sich selbst versichert, dass er noch der Alte ist. Aber wenn Brosnan im Casino seiner Nemesis Xenia Onatopp gegenübersteht, stellt er sich mit einem Lächeln vor, das ein wenig zu mokant und selbstgewiss ist. Er sieht einfach ZU GUT aus, er ist zu elegant und zu athletisch, er ist kein Mann der Ironie. Der Sex mit Xenia ist natürlich ein Kampfakt, als Schattenbild mit angestrengtem Stöhnen und Grunzen inszeniert: Geschlechterkrieg, sie ist obenauf, er aber auf der Hut. Xenia ist die Frau, die er herumkriegen muss – Natalya ist die Frau, die er (vielleicht) liebt. Und deshalb muss er sich am Ende zwischen Natalyas Leben und der Welt entscheiden.

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Darunter macht es kein Bond-Film. Martin Campbell setzt die Topoi glasklar ins Szene: den Sprung vom Staudamm, die Autorennen, den Raketeneinschlag, die Panzerfahrt, den Showdown. Sean Bean ist der vierschrötige Verräter Trevelyan, Gottfried John der schuftige General Ouromov (mit Namensähnlichkeit zu Oblomov), Judi Dench ist der neue „M“, Alan Cumming der Computer-Nerd Boris Grishenko, Robbie Coltrane und Minnie Driver haben kleine Rollen, und eine Samantha Bond spielt lustigerweise Miss Moneypenny. In dem Plot kommen alle globalen Unwahrscheinlichkeiten zusammen, nur damit am Ende doch wieder eine private Tragödie erzählt wird: Bonds abtrünniger Partner Trevelyan ist ein Schurke, weil er einst als Nachfahre „Lienzer Kosaken“ adoptiert wurde und seinen Freund Bond beneidete – die Synchronisation behauptet drollig „Linzer Kosaken“, als wären sie Gebäck. Wenn „GoldenEye“ wirr wirkt, dann bloß, weil es die späteren Brosnan-Filme noch nicht gab: Die Schnurren sind Quatsch, aber überschaubar. Alle sprechen langsam und verständlich, alles ist Holzschnitt.

Pierce Brosnan hatte einen Trailer für die Fernsehwerbung von Ferrero-Rocher.

 

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