Interview: Moderator Alfred Biolek über den Coup, Kate Bush ins TV zu bringen

Der erste TV-Auftritt von Kate Bush – in "Top Of The Pops"? Nein – im Kölner Bundesbahn-Depot! Moderatorenlegende Alfred Biolek hatte die Debütantin 1978 in seine ARD-Show eingeladen. In unserem Interview erzählt er, wie es dazu kam.

Mit „50 Words For Snow“ hat Kate Bush es eben wieder bewiesen: Sie ist nicht nur eine der unkonventionellsten, interessantesten Pop-Künstlerinnen der Gegenwart geblieben, sie hat damit auch noch Erfolg. In Großbritannien chartete die Platte auf Nummer fünf, in Deutschland auf sieben – sensationell für ein Album, das in sieben langen, komplexen Kompositionen den Zusammenhang von Schnee, Sex und Yeti-Jagd auslotet.

Wer hätte diesen Erfolg vor fast 34 Jahren vorhersagen können, als die 19-jährige Kate Bush mit ihrer ersten Single „Wuthering Heights“ startete? Klare Antwort: Alfred Biolek, deutsche Showlegende und ultimativer TV-Koch. In der ersten Ausgabe seiner ARD-Musiksendung „Bio’s Bahnhof“ sang die junge Kate am 9. Februar 1978 live – ihr allererster Fernsehauftritt überhaupt.

Im Rahmen des ROLLING-STONE-Specials zu Kate Bush in der Dezemberausgabe sprachen wir exklusiv mit Alfred Biolek über das historische Ereignis – hier in der ungekürzten Version.

Alfred Biolek, als am 9. Februar 1978 die erste Folge Ihrer ARD-Show „Bio’s Bahnhof“ übertragen wurde, war die 19-jährige Kate Bush dabei. Waren Sie damals die deutsche Pop-Spürnase?
Sicher nicht. Mein Musikinteresse war immer nur zum kleinen Teil von Pop bestimmt. Als Gymnasiast bin ich viel lieber in die Oper und in klassische Konzerte gegangen. Und in meinen Sendungen waren immer auch Klassik-Showacts dabei. 

Wie sind Sie dann auf Kate Bush gekommen?
Ich hatte mich damals bei diversen Plattenfirmen umgehört, welche Künstler sich für meine neue Show eignen könnten. Eines Tages saß ich bei der EMI in London, alle möglichen Namen wurden genannt – und plötzlich fiel mir ein Lied auf, das leise über die Bürolautsprecher lief. Ich unterbrach das Gespräch, hörte zu. Und war begeistert! „Wer ist das?“ fragte ich, die sagten: „Eine ganz neue Künstlerin, sie fängt gerade erst an.“ Und ich dachte mir, die könnten wir doch einladen.

„Bio’s Bahnhof“ war Kate Bushs erster TV-Auftritt überhaupt. Ihre erste Single „Wuthering Heights“ war noch nicht einmal in die britischen Charts eingestiegen. Sie waren wirklich weit vorn!
Das fand ich genial: Wenn diese Kate Bush noch nie einen Fernsehauftritt hatte – dann soll sie bei mir anfangen! Sie kam mitsamt ihrer Band nach Köln, schon zwei Tage vor der Sendung. Sie und ihr Manager waren sogar bei mir zu Hause, ich habe für sie gekocht.

Was gab es?
Das weiß ich nicht mehr. Ich weiß noch, dass sie sehr zurückhaltend war. Zurückhaltend, nicht unbedingt schüchtern. Aber es war auch ihre erste große Reise als Künstlerin.

Sie hat in der Show „Kite“ und „Wuthering Heights“ live gesungen, anschließend fand das legendäre Interview statt …
Ja. Ich sagte zu ihr, dass sie irgendwann mal in der Carnegie Hall auftreten und dann den 15.000 begeisterten Fans sagen würde: „Vergessen Sie nicht, den Anfang habe ich im Depot der Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn gemacht!“ Sie musste das dann auf Deutsch nachsprechen. Nach der Show fragten alle: Wer war denn diese tolle Künstlerin? Das war ihr Start in Deutschland.

Sie hatten recht mit der Prognose, dass sie ein Star werden würde. Nur mit der Carnegie Hall hat es nicht geklappt.
Das stimmt, ich habe sie auch leider nie wiedergetroffen. Sie hat sich zurückgezogen. Ihr Album „Aerial“ habe ich mir gekauft und gerne gehört, als es vor einigen Jahren erschien, aber auch da hat man nicht gehört, dass sie irgendwo aufgetreten wäre.

Die Blume, die sie Kate Bush am Ende des Auftritts überreichen, liehen Sie sich von einer Zuschauerin in der ersten Reihe. Stand niemand mit einem Strauß bereit?
Damals nicht, es war ja die erste Sendung, später aber schon. Ich weiß noch, wie Nina Hagen einmal in der Sendung war und ich sie bat, kurz ihre Opernstimme vorzuführen – und sie stimmte die „Internationale“ an. Hinter der Bühne wartete ein Assistent mit einem Strauß roter Rosen, und ich winkte ihm: Nein, weg mit den Blumen! Direkt nach der „Internationalen“ rote Rosen – das wäre etwas zu bedeutungsschwanger gewesen!

Könnte eine junge Künstlerin wie damals Kate Bush heute noch im deutschen Fernsehen auftreten?
Das kann ich nicht beurteilen. Aber ich glaube nicht.

Und wer Auftritt und Interview nun unbedingt mit eigenen Augen sehen will – hier ist er:

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