Benny Andersson im Interview: Alle Infos zu „Piano“, der ABBA-Hologramm-Tour und „Mamma Mia 2“

Der Songschreiber von ABBA über sein Klavieralbum, den neuen „Mamma Mia!“-Film, Konzerte mit Hologrammen und gute Flüchtlingspolitik

Mit Abba feierte Benny Andersson zwischen 1972 und 1982 Welterfolge. Nach deren Ende schrieb er mit Kollege Björn Ulvaeus das Musical „Chess“. Mit dem Benny Andersson Orkester nimmt er Folksongs auf und geht in Schweden auf Tournee. „Piano“ ist das neue Album des 70-Jährigen, auf dem er Lieder seines Lebens am Klavier interpretiert.

Anmerkung: Das Interview fand im August 2017 statt, vor der Reunion von Abba.

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Unter den 21 Stücken des Albums befinden sich sechs ABBA-Songs, eher unterbewertete. Wollen Sie Rehabilitierung für „I Let The Music Speak“ und „The Day Before You Came“?
Ich wollte deren Eigenheiten transponieren. Etwa die dominante Mini-Moog-Melodie von „Day …“ – wie unheilvoll sie ist! Ich bin stolz darauf. Der Text kann vieles bedeuten, nur die Musik jedoch vermittelt: Dieser Frau geht es nicht gut, diese Frau wird verlassen. Es war unsere letzte Aufnahme 1982. Aber fast alles darauf stammt von mir. Ich war allein im Studio, am Ende kam ein Schlagzeuger dazu. Für die Neueinspielung habe ich nicht mal geprobt – es war das erste Mal seit 35 Jahren, dass ich es gespielt habe. I haven’t played it since we made it.

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Warum fehlen auf „Piano“ die Hits?
Müssen die aufs Album? „The Winner Takes It All“ hätte gepasst. „Super Trouper“ funktioniert solo nicht. Dafür bräuchte es eine Rhythmussektion. Ich spiele Ihnen „Dancing Queen“ am Klavier vor – sie werden denken, da fehlt was.

Kennen Sie Arcade Fire?
Wen?

Eine zurzeit recht erfolgreiche Rockband. Deren „Everything Now“ klingt wie „Dancing Queen“.
Darauf hat mich schon mal jemand angesprochen! (Holt sein Handy heraus) A‑R-C-A-D-E und F-I-R-E, ist notiert. Mit aktuellem Rock kenne ich mich nicht gut aus. Aber „Everything Now“ ist ein toller Titel, könnte von ABBA sein.

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Werden Sie live auftreten?
Mir wird in Hamburg der Deutsche Radiopreis verliehen. Falls ich nervös bin, spiele ich „Thank You For The Music“ playback. Aber auf Tour möchte ich nicht gehen. Die Vorstellung macht mir Angst. Ich bin kein Lang Lang, der alles jederzeit intonieren kann.

Sie verehren Johann Sebastian Bach.
Er schwingt immer mit, aber man hört ihn nicht unbedingt in meinen Songs. Ich auch nicht. Auf meinem Handy habe ich Stunden voller Bach gespeichert, ich liebe seine Sarabanden. Er starb 1750, für mich schrieb er Musik wie aus dem 20. Jahrhundert. Ich bin nicht wirklich religiös. Aber Bach muss in Kontakt zu Außerweltlichem gestanden haben. Warum ihn Popmusiker lieben? Das liegt an seinem Gefühl für Rhythmus.

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In den Linernotes zu „Piano“ wird betont: „Das musikalische Erbe, das wir ABBA nennen, ist maßgeblich am Klavier entstanden.“ War Björn Ulvaeus nicht gleichberechtigt?
Wissen die Leute, ob erst die Musik kam, dann der Text? Natürlich kam die Musik zuerst. Auch bei unserem Musical „Kristina från Duvemåla“ von 1995, unserer „schwedischen Nationaloper“.

Das handelt von schwedischen Immigranten in den USA. Machen Sie politische Musik?
Jeder ist politisch. Unser Musical „Kristina“ ist relevanter denn je, nur ist die Situation heute eine andere: Flüchtlinge kommen zu uns nach Schweden oder zu Ihnen nach Deutschland. Viele Länder schließen Notleidende aus. Wir nicht, Sie nicht. Darauf bin ich stolz. Dafür werden wir im Himmel belohnt.

Wie geht es mit ABBA weiter?
Für den zweiten „Mamma Mia!“-Film nehme ich neue Arrangements auf – diesmal von „Kisses Of Fire“, „I Wonder“ und „Why Did It Have To Be Me?“.

Angenommen, ich biete Ihnen …
Wir sind zu alt, wir wollen keine Reunion! (Lacht) Keine Tour! Stattdessen wird es eine Konzertreise mit Hologrammen der jungen ABBA geben, begleitet von einer Live-Band. Falls die Hologramme uns nicht überzeugen, nehmen wir Avatare, also digitale Zeichnungen unserer Körper. Den Gesang ziehen wir aus den Studioversionen, einiges auch aus den wenigen Live-Dokumenten, etwa von der Australientournee. Wir peilen Frühjahr 2019 für die Premiere an. Sie werden denken, dass wir auf der Bühne stehen! Aber ich werde nicht dabei sein – ich führe derweil meinen Hund spazieren.

Spielen Sie lieber Klavier oder Akkordeon?
Für Popmusik habe ich selten das Akkordeon verwendet – bei „One Of Us“ ist es im Hintergrund. Das Akkordeon sucht sich seinen Weg immer ganz allein, aber eben im Folk.

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Ihr Album erscheint bei der Deutschen Grammophon. Welche Hörer wollen Sie erreichen?
Ich stelle mir die Frage nicht. Es gab für mich nur einen Grund, „Piano“ aufzunehmen: meine Enkel. Wenn es mich irgendwann nicht mehr gibt, haben sie ein Erinnerungsstück: Großvater spielt Klavier.

Haben Sie zu alten Noten gegriffen?
Ich kann keine Noten lesen. Ich habe einen Kollegen gebeten, Notenblätter anzufertigen – sie erscheinen als „Piano“-Buch zur Platte. Ich habe mich nicht durch die alten Songs gewühlt, sondern sie aus der Erinnerung gespielt. Manchmal bin ich nicht sicher, ob ich die richtige Tonart getroffen habe – falsch aufgegriffene Tonarten begleiten mich durch meine Karriere.

Erzählen Sie uns bitte etwas von Ihrem Klavier.
An meinem neuen Fazioli-Piano stimmt alles: die Wärme, das Gefühl an den Tasten, wie sanft man drücken muss, wie hart man drücken muss. Und die Reaktion des Instruments. Es hat zu mir gesprochen. Den Leuten von der Deutschen Grammophon habe ich erzählt, an welchen Songstellen ich die gelungenen Passagen zusammengeschnitten habe. Daraufhin sagten sie: Du solltest mal die Pro-Tools-Listen der Klassikkünstler sehen – die verwenden dieses Musikprogramm viel öfter!

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