20 JAHRE

1967,1994 Wie alles anfing

Man könnte einen Film darüber drehen, wie Ralph J. Gleason und Jann S. Wenner 1967 in einem alten Lagerhaus in San Francisco die erste Ausgabe des ROLLING STONE erstellten. Gleason war ein Jazz-Enthusiast, Wenner ein 23-jähriger Rock-Fan mit politischem Interesse. Im ersten Heft (das dieser Ausgabe als Faksimile beiliegt) wurde John Lennon befragt – und damit kam schon viel von dem zusammen, was die Zeitschrift später ausmachen sollte: der Blick zurück nach vorn, die Personalisierung, der Mythos im Werden. Vor allem wurde Rockmusik ernst genommen und den Jugend-Blättern und dem bürgerlichen Feuilleton entrissen.

Es gibt einen romantischen Film über den ROLLING STONE, den Cameron Crowe über sein eigenes Leben und über Traum und Wirklichkeit des Rock-Journalismus gedreht hat; er spielt zu Beginn der 70er-Jahre, als dem gar nicht so armen Jungen aus der Provinz noch etwas anderes blieb, als eine Band zu gründen: Er konnte auch über eine Band schreiben. „Almost Famous“ signalisiert schon im Titel den Abstand zwischen Fantasie und Realität, obwohl Crowe alles zeigt, was man mit Rock’n’Roll verbindet. Von der Redaktion zeigt er bloß, dass jemand viele lose Blätter lesen muss und in einem Chaos arbeitet; dieser Mann heißt Ben Fong-Torres, und er hat tatsächlich beim ROLLING STONE gearbeitet. Auch Lester Bangs ist zu sehen, der Rhapsodist und Schwärmer der Rock-Kritik, der sich in seiner vermüllten Wohnung mit Musik und Drogen zudröhnt. Seine Lehre lautet: „Wir sind nicht die Leute, die auf Partys gehen. Wir werden niemals cool sein.“ Darin steckt die Ambivalenz des Rock-Journalismus: Es ist verlockend, für einen von denen gehalten zu werden, über die man schreibt -oder von einem von denen für wichtig gehalten zu werden.

Im Juni 1994 betrat ich zum ersten Mal die Räume am Mundsburger Damm in Hamburg, die eine Redaktion werden sollten. Es herrschte keine Betriebsamkeit – ein träges Mädchen betätigte den Türöffner am Empfang, einem mächtigen Podest mit seitlichen Plastikscheiben und großem Telefonpult. Sie deutete zur Seite: Dort saß Jörg Gülden, 50 Jahre alt, ein eleganter, baumlanger Mann im Hawaii-Hemd, dem ich meinen Auftritt zu verdanken hatte. Mit Jörg, einst Redakteur bei „Sounds“, hatte ich bei einem kurzlebigen Fachmagazin namens „Rock World“ gearbeitet, er war der Redaktionsleiter, und als ich dort anfing, spielte er mir sein Lieblingslied vor, „Jesus Built My Hotrod“. Später hörte ich, dass er schon seit Monaten kein Gehalt mehr bekommen hatte. Zu Weihnachten fuhren wir mit einem Taxi in die Arbeitslosigkeit.

Nie wieder traf ich einen Menschen, der mit solch kindlicher Freude seine Anekdoten erzählte und stets unbekümmert war – oder wenigstens so tat. Jörg hörte auf dem redaktionseigenen Balkon den Vögeln zu, beobachtete Mauersegler, fragte Besucher nach ihrem „Pudding-Abitur“ und empfahl einem Fernsehteam, „den Trash“ vor seiner Zimmertür zu filmen, wo ein paar Anzeigenverkäufer und Redakteure saßen. Jeden Vormittag stieg er müde die Treppe hinauf, ein Tablett balancierend, auf dem ein halbes Mettbrötchen, eine saure Gurke, ein Leberwurstbrot und eine Frikadelle lagen. Als ein Koch im „Fernsehgarten“ erklärte, das Mett müsse fingerdick aufgetragen werden, empörte Jörg sich über die Regulierungswut. Er war ein Kind der Nachkriegszeit, er nahm das Leben leicht, und er redete den ganzen Tag. Saß er an einem Tisch mit Otto Waalkes -die beiden hatten in den 70er-Jahren eine Wohngemeinschaft mit Udo Lindenberg -, dann erzählte Jörg, nicht Otto.

Der andere Chefredakteur war -natürlich! – das genaue Gegenteil: Während Jörg Gülden sich des Lebens freute und die Arbeit als einträglichen Aufenthaltsort betrachtete, begriff Bernd Gockel alles als Aufgabe und Pflicht. Jörg nannte ihn, der einige Jahre jünger war, sofort einen „Sophisten“, denn Bernd beharrte darauf, dass „die Oma im Wedding“ ihren Roland Kaiser ebenso genieße wie Jörg seinen Lowell George. Es war klar, dass wir Probleme bekommen würden. Bernd ist ein uneitler Pragmatiker, ein Kärrner, der bis in die Nacht arbeitete, und ein Perfektionist dazu. Er drehte die Wörter um, redigierte verbissen und brütete über den Layouts, die ein schnauzbärtiger Grafiker anlieferte, der es vorzog, in seinem Atelier zu arbeiten und der das Desktop Publishing so wenig begriffen hatte wie wir. Bald wunderten wir uns über die Vermehrung der Seiten, denn mit jedem Aufruf wurde eine Kopie erstellt, und wir arbeiteten oft an unterschiedlichen Fassungen. Wir hatten etwas mehr als zwei Monate für die erste Ausgabe, aber es war nicht zu schaffen, der Termin wurde um vier Wochen verschoben. Am Ende schliefen wir auf Kissen in der Redaktion.

Am 27. Oktober 1994 meldeten einige Läden nachmittags, dass die erste Ausgabe des deutschen ROLLING STONE ausverkauft sei. Eine aufgekratzte Dame von einer benachbarten Plattenfirma besuchte uns mit Champagner. Eingehende Faxe waren ermutigend, oft schlossen sie mit „Roll on!“ oder „Keep on rocking!“ Die Feiern dauerten zwei Tage, dann ging es weiter. Wir waren erschöpft, wir waren glücklich, und es hatte ja erst begonnen.

Zwei Monate später traf ich Benjamin von Stuckrad-Barre -bei einem Termin mit Klaus Lage. Benjamin war knapp 20, trug eine Brille mit dicken Gläsern, stänkerte ein wenig herum und gab mir eine Stadtzeitschrift, für die er sich ein Interview mit Westernhagen ausgedacht hatte. Er führte allerlei Interviews ohne Auftrag und schrieb Texte über Pur und Helge Schneider, die er mir per Fax schickte. Er fragte nie nach, bis wir einen der Artikel veröffentlichten. An einem dunklen Hamburger Wintertag saß er in seinem Zimmer, weil er nicht zur Universität gehen wollte, und ich saß an meinem Schreibtisch, weil ich zu tun hatte. Wir telefonierten. Ein bisschen Schnee fiel, wir waren beide einsam, und wir wussten, dass wir niemals cool sein würden. Benjamin trat dann in die Redaktion ein.

Später schrieb er den Roman „Soloalbum“, aus dem ein Film wurde. Aber glauben Sie nichts, was darin steht! Es war alles ganz anders.

Bernd Gockel erzählt

Ich kannte Jann Wenner von einem Treffen in München. Ende 1993 bin ich nach New York geflogen und habe ihm umrissen, was wir vorhaben, welche Leute an dem Projekt beteiligt sind und wie die Ausrichtung sein würde. Ende Januar sagte er dann: „Let’s go, boys!“ Unser damaliger Herausgeber glaubte, er wisse, wie das bei Amerikanern läuft: ein Handschlag -und dann steht der Deal. Um Details könne man sich ja später kümmern. Aber so funktionierte es nicht. Er hatte nämlich die vereinbarte Lizenz-Summe zu spät nach Amerika geschickt, die wir quasi als Pfand hinterlegen mussten. Wir kündigten den deutschen ROLLING STONE gerade auf der Popkomm an, als das „Stopp“ aus Amerika kam. Dort dachten sie offenbar, sie hätten es mit spinnerten Idealisten zu tun, die gar kein Geld haben. Ich musste eine halbe Stunde telefonieren und Überzeugungsarbeit leisten. Als ich danach aus dem Büro kam, hörte ich Jörg Gülden zum Geschäftsführer sagen:“Wir müssen ihm jetzt zwei Dosen Nivea kaufen für seine wundgescheuerten Knie!“ Die deutsche Erstausgabe war dann ein Erfolg, sie war gleich ausverkauft, wir mussten nachdrucken. Ein Jahr später wurde uns der „Echo“ verliehen. Wir wurden für den Mut belohnt, diese Zeitschrift zu etablieren.

Arne Willander über Neil Young

Seit 1994 gab es zwei Neil Youngs für mich. Der eine stand in meinem Plattenregal, ein verwittertes Monument in verschlissenen Jeans, „After The Gold Rush“,“Zuma“,“Comes A Time“,“Live Rust“,“Freedom“, you name it. Ende der 80er-Jahre hatte sich der Wind gedreht, Young war wieder cool, man konnte auf ihn setzen, und gerade hatte er „Sleeps With Angels“ veröffentlicht, das Beste nach Manna vom Himmel, Kurt Cobain war tot, und der Alte hatte schon einen Song dazu. Seine Sentenz „It’s better to burn out than to fade away“ war Cobains Abschiedsgruß an die Welt.

Der andere Neil Young hatte eine Plattenfirma, Warner, mit einer deutschen Dependance in Hamburg. Einmal schickte die Presseabteilung Heinz Rudolf Kunze, der bei derselben Firma unter Vertrag stand, zum Interview – er führte es gleichsam stellvertretend für alle Journalisten, die keines führen durften. Zu „Mirror Ball“, dem Album mit Pearl Jam, konnten wir ein Gespräch zwischen Young und Eddie Vedder drucken. Dann kam eine Live-Platte zu Jim Jarmuschs Dokumentarfilm „Year Of The Horse“, man konnte also mit Jim Jarmusch sprechen. Bei „Silver And Gold“ spendierte die amerikanische Redaktion ein Interview.

Dann, im Jahr 2002, brachte Neil Young „Are You Passionate?“ heraus, es war auch ein Kommentar zu 9/11: Der Song „Let’s Roll“ zitierte den Kampfruf, der angeblich von den Passagieren des Flugzeugs stammte, die ein entführtes Flugzeug an jenem Schicksalstag zum Absturz brachten, indem sie die Terroristen überwältigten. Diese Zivilcourage fand Young gut, sie passt zu seinem Freiheitsbegriff. Young fand früher auch Atomkraft gut und Ronald Reagan, womöglich hegt er sogar Sympathie für den deutschen General Erwin Rommel, dessen Ring in einem seiner Songs vorkommt. Wie auch ein Cheeseburger und der ROLLING STONE: ,,Bring me a cheeseburger and a new ROLLING STONE.“ Jedenfalls reiste Wolfgang Doebeling nach Amerika und diskutierte mit dem Künstler über Vinyl, und anschließend war Young wütend, schimpfte mit seinem Manager Elliott Landy und sagte die Interviews mit zwei Franzosen ab.

Seitdem veröffentlicht Neil Young unaufhörlich neue Platten: Es gab die „Performance Series“ mit Mitschnitten von historischen Konzerten, es gab die „Archives“, es gab frische Alben. Es gab sogar Alben, die nie veröffentlicht worden waren („Chrome Dreams“) und dennoch eine Fortsetzung nach sich zogen („Chrome Dreams II“), und Alben, die Young in den 80er-Jahren nicht veröffentlicht hatte, obwohl er beinahe alles herausbrachte, weshalb er von David Geffen wegen der Produktion unkommerzieller Musik verklagt wurde. In der Hamburger Filiale von Warner verwaltete Frau Antje (Name von der Redaktion geändert) diesen Auftrieb: Ungefähr sechs Wochen vor einem Album kam eine Nachricht, drei Wochen davor ein Rezensionsexemplar aus Burbank mit Kopierschutz und FBI-Warnung. Frau Antje war sonst für Linkin Park und die Beatsteaks verantwortlich, und das war vermutlich einfacher, als in Deutschland die medialen Angelegenheiten von Neil Young zu vertreten.

Denn „Onkel Neil“, wie wir ihn in unserer reichen Korrespondenz nannten, wollte manchmal zwei oder drei deutschen Journalisten ein Interview gewähren, manchmal schnurrte das Angebot auf zwei oder drei internationale Journalisten zusammen, manchmal auf einen und dann auf keinen oder einen Franzosen. Onkel Neil wollte mal in Vancouver empfangen, in New York, mal vielleicht auch in Los Angeles, in San Francisco, in der Nähe seiner Ranch, in London, Paris oder Amsterdam, aber eigentlich doch lieber nicht. Der Batteriemotor in seinem alten Auto implodierte, seine Modelleisenbahn brannte ab, er wurde sehr krank und wieder gesund, er sprach mit Jonathan Demme, er drehte einen Film und noch einen, er ging auf Tournee, kündigte zwei Platten zugleich an und veröffentlichte sie innerhalb eines Jahres.

Jedesmal waren Frau Antje und ich sicher: Er wird sprechen. Er muss sprechen. Er entkommt uns nicht. Wir wollten mal Maik und mal Joachim, mal Birgit und mal Torsten schicken, alle freuten sich auf den Magier, die Legende, das Urgestein, packten ihre Koffer, hörten die alten Platten, notierten sich Fragen. Flüge und Hotels wurden gebucht, Notpläne geschmiedet. Immer kam die Absage von Frau Antje. Es war ein running gag, aber es war auch bitterer Ernst, es gab Neil Young ja wirklich, es gab die Orte, die Flugzeuge und die Alben, Neil Young kam nach Deutschland, wir sahen ihn leibhaftig auf der Bühne, und der Musiker Wolfgang Michels durfte mit seiner Band im Vorprogramm von Youngs Konzert spielen und berichtete, dass sie einen Soundcheck machen durften und etwas zu essen bekamen. Ich weinte vor Rührung. Wir waren ganz nah dran.

Niemand ist uns so vertraut wie Onkel Neil.

„CDs haben dazu geführt, dass Musik nicht mehr sinnlich erfahrbar wird“

COVER 5

REZENSIONEN 27

STERNE 99

Wolfgang Doebeling über Morrissey

Auf der reeperbahn nachts um halb eins war Steven Patrick Morrissey enttäuscht. „Filthy“ war sein Verdikt, nachdem wir im Eiltempo fast ein Dutzend Etablissements heimgesucht hatten, freilich nur solche, die kein Eintrittsgeld verlangten, Kaschemmen mithin. Morrissey hatte nach seinem Auftritt in Hamburgs Vergnügungsviertel den Wunsch geäußert, am angeblich so schillernden Milieu zu schnuppern. Und so hetzten wir von Bar zu Bar, blieben nirgendwo länger als fünf Minuten, und sahen „ugly women“, so der Kenner, auf Tischen tanzen und sich für Bares an Gästen schubbern.

Das war in den Neunzigern. Mein nächstes Treffen mit dem unbeugsamen Moralisten und „Besitzer eines großen Gehirns“, wie mir zwischenzeitlich Randy Newman versichert hatte, fand Jahre später unter Umständen statt, die nicht gegensätzlicher hätten sein können. In einem Londoner Luxushotel ließ Morrissey auf silbernen Tabletts feinsten Tee servieren. „I couldn’t live without it“, sagte er, und wir unterhielten uns über Amerika, wo er allzu oft auf diesen Genuss hatte verzichten müssen. Das Gespräch resümierte er zum Abschied als „eccentric“. Kein Wunder, gab ich zu bedenken, er sei ja nun mal ziemlich exzentrisch. „Maybe I am“, gab er zurück, „but you are more eccentric than I am.“

Die dritte Begegnung fand in Rom statt. Kein Ort, den freiwillig aufzusuchen mir je in den Sinn gekommen wäre. Aber Morrissey residierte während seiner italienischen, nicht zölibatären Phase in der Metropole gestikulierender Mobiltelefonierer, und wünschte dort besucht zu werden. Der Taxifahrer, der mich zu ihm kutschierte, war ein Trickbetrüger. Zuerst sprang sein Taxameter von 13 auf 24, indessen er mich wortreich abzulenken suchte, mit Hinweisen auf Sehenswürdigkeiten links und rechts der Strecke: eine Iglesia Santa Irrelevanta nach der anderen. Beim Bezahlen verwandelte sich der ihm überreichte 50-Euro-Schein im Bruchteil einer Sekunde in einen Zehner. „I should have warned you“, feixte Morrissey und ließ sich süffisant über die hier „fantastisch funktionierende“ Arbeitsteilung zwischen Kirche, Korruption und Kriminalität aus. Die Beichte lösche jede Schuld, reinige das schlechteste Gewissen im Nu. Trotz seiner Wurzeln auch im Katholischen – „Irish Blood, English Heart“ – frappiere ihn die ungeheure Wirkungsmächtigkeit dieses Systems stets aufs Neue. Bloß ihm helfe das herzlich wenig, er sei sich seiner Schuld nur allzu bewusst.

„In Rom will jeder Zweite Kardinal werden. Und alle sind sie Sünder“

COVER 3

REZENSIONEN 14

STERNE 46

Jürgen Ziemer über Bryan Ferry

Zum ersten mal ist mir Bryan Ferry 1974 im Wohnzimmer meiner Eltern begegnet. Er, ein dekadenter Rock’n’Roll-Dandy im weißen Anzug, mit glänzender Schmalztolle und blasiertem Upperclass-Gehabe. Ich, ein pickeliger Teenager, der mit weit offenem Mund eine Live-Sondersendung des „Musikladens“ verfolgte. Mit „Editions Of You“ zertrümmerten Roxy Music an diesem Abend meine Welt. Danach war ich bereit für die Zukunft.

Den leibhaftigen Bryan Ferry traf ich erst Jahrzehnte später, im Frühjahr 2002 in einem Salon des Hamburger Hotels Vier Jahreszeiten. Aus dem jungen Paradiesvogel war inzwischen ein reifer Bonvivant geworden. Ein passionierter Landedelmann, Kunstsammler und Frauenheld, dem sein Biograf David Buckley trotzdem eine gewisse Schüchternheit nachsagt. Allerdings nicht an diesem Tag. Zuerst glaubte ich, das gelungene neue Soloalbum „Frantic“ sei der Grund für Ferrys Hochstimmung oder die erfolgreiche Reunion-Tour mit Roxy Music. Doch es war die junge Tänzerin Katie Turner -die uns während des Interviews mit einer Videokamera kichernd umkreiste. Und Ferry kicherte zurück.

„Ich mag keine Trainingsanzüge mit Streifen“, sagt er, als ich ihn nach einer Definition von Stil frage.“Was gefällt mir außerdem nicht …?“, überlegt er weiter. „Turnschuhe?“, mischt sich Katie Turner ein. „Uuuuhh, Turnschuhe …“, ekelt sich Ferry. „Bomberjacken!“, quietscht die Tänzerin. „Nein, mit Turnschuhen und Bomberjacke zeige ich mich nicht so gern“, prustet der Gentleman im dunkelblauen Blazer. Doch dann haut Katie Turner so etwas wie den ultimativen Ekel-Joker auf den Tisch: „Speedos!“ Ferry kippt vor Lachen fast nach hinten weg, beim Gedanken an die grellbunten und lächerlich kleinen Minislips. Gespielt verzweifelt ruft er: „Da würde ich ja eher Boxershorts anziehen!“

Die Beziehung mit Katie Turner, die damals begann, dauerte etliche Jahre. Doch als mich Bryan Ferry 2010 durch seine Londoner Stadtwohnung führte, um mir einige Bilder des Pop-Art-Künstlers Richard Hamilton zu zeigen, wirkte das Schlafzimmer wie eine ewige Junggesellenbude: dunkle Laken auf einem gigantischen schwarzen Bett, schwere hohe Vorhänge und Stofftapeten, wie aus einer Opiumhöhle des Fin de siècle. Nur eine kleine Parfümsammlung auf einem der beiden Nachttische verriet: You never sleep alone. Zumindest nicht, wenn du Bryan Ferry heißt.

„In Sachen Extravaganz belasse ich es bei Knöpfen und Manschetten“

COVER 0

REZENSIONEN 4

STERNE 10,5

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