45 Minuten im Beatkeller mit den KINGS OF LEON, heiß, rauschfrei und trotzdem in Low Fidelity

MÜNCHEN, ELSERHALLE. Die Kings Of Leon klangen live fast genau wie auf Platte, irgendwie hatten das alle erwartet, und deshalb waren alle höchst zufrieden, als es so passierte. Viele haben das Album „Youth And Young Manhood“ als „Retro-Rock“ bezeichnet-sie können damit nicht gemeint haben, dass die Kings eine Band seien, die die typische Mode einer alten Zeit zitiert. Das tun sie nämlich nicht. Die Kings Of Leon nehmen nur – wie sehr viele andere Gruppen – ihre Musik freiwillig so auf, wie man das in den sechziger Jahren unfreiwillig gemacht hat, weil es technisch nicht anders ging. In Wahrheit klingen sie nicht live wie aufPlatte, sondern auf Platte wie live.

Auf der Bühne der ausverkauften Elserhalle sind die Brüder nur von unten angestrahlt, weiß, Beatkeller-Tanzschaffen-Licht. „Red Morning Light“, die dicke, bissige Schlange, ist (wie auf Platte!) ein großartiger Anfang. Man sieht nochmal, dass sie bis auf den Drummer Nathan eben doch keine richtigen Barte haben, außerdem tragen die Kings Abend-Sakkos und Sänger Caleb Followill eine Jacke mit Adlerbild, wie Biker sie anziehen, wenn sie fein ausgehen wollen. Rampenkanone ist ausgerechnet der kleine Jared, der den Bassgitarrenhals choreografisch nach oben und unten stößt und beim Zupfen nicht wie ein Allman Brother, sondern wie ein Beatle den Moptop schüttelt, rattelt und rollt.

Im Konzert, wo die Kings Of Leon harscher und unentspannter durch ihre Blues-Beat-Nummern stolzieren, einen an die Kinks (of London) erinnernden alten Song und einen neuen mit „Hey! Hey!“-Kosakenchor spielen, fallen die Southern-Rock-Bilder wie Pustekuchen von ihnen ab. Wenn Caleb Followill „Trani“ meckert und raspelt, kann man genau so gut Little Richard oder andere Ur-Rock’n’Roller auf ihn projizieren, der Mann ist groß genug dafür. Nach 45 Minuten geht das Saallicht an. Ohne zu überlegen, was die Kings jetzt noch spielen sollen, werfen Protestierer ihre Bierbecher nach vorn, bis die Band nach zehn Minuten zurückkommt und, zum Allerletzten, „Genius“ bringt. Dann verteilen die Roadies unglaubliche Mengen gerissener Saiten an die erste Reihe. Angeblich hat jeder King nur eine Gitarre dabei.

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