Rechte schießen nach Böhmermann-Sendung gegen Metal-Band
Mit einem emotionalen Statement reagieren Powergame auf Angriffe von Rechts, die auch auf einem Missverständnis beruhen.
Die letzte Ausgabe von Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“ dürfte noch etwas länger in Erinnerung bleiben. Stichwort: Clownswelt. Der Moderator hatte in der Sendung einen YouTube-Kanal unter die Lupe genommen und rechtspopulistische bis rechtsextreme Ansichten dahinter entlarvt. Dabei stützte er sich auch auf Recherchen der „Zeit“.
Zugleich machte Böhmermann offensichtlich, was man im Netz ansonsten erst mühsam suchen müsste – wer sich hinter dem Pseudonym des YouTube-Produzenten verbirgt. Man erfuhr, dass dieser auch ein Metal-Gitarrist ist. Das veranlasste Rechte laut „Metal Hammer“ offenbar, sich mit wüsten Attacken gegen die betroffene Gruppe Powergame zu richten.
Die hatte bereits am 28. April – also mehr als eine Woche vor der Böhmermann-Sendung – öffentlich gemacht, mit dem Gitarristen nicht mehr zu arbeiten. Von „unüberwindlichen persönlichen Differenzen“ war die Rede. Nun meldete sich die Formation aus Bielefeld erneut und schreibt: „Dass das rechte Kollektiv sich an einer kleinen Metal-Band aus Ostwestfalen abarbeitet, zeigt dessen Unverständnis des großen Ganzen.“
Konkreter heißt es in der sehr emotionalen Mitteilung mit dem Titel „Fünf Jahre Tür an Tür mit Alice“: „In den letzten Tagen wurden wir unter anderem als rückgratlos, undemokratisch, Systembücklinge, Stasi, Faschos und Nazis beschimpft. Warum? Weil wir uns von unserem Gitarristen Marc-Philipp getrennt haben, mit dessen Weltanschauung wir nicht einmal annähernd konform gehen und dies fälschlicherweise als Reaktion auf eine Ausstrahlung des ‚ZDF Magazin Royale‘ gedeutet wurde und wird.“
Metal-Band Powergame positionieren sich eindeutig
Die Musiker hatten nach einem privaten Hinweis erst Videos von Clownswelt auf YouTube gesehen und das Material schockierte sie nach eigenen Angaben so sehr, dass sie sofort mit dem Band-Rauswurf reagierten. „Das komplette rechte Programm ist hier zu finden, und der Hass gegen alles Fremd- und Andersartige ist allgegenwärtig“, schreiben Powergame weiter in ihrem Statement. „Die in sämtlichen Videos zu hörende anonyme Stimme aus dem Off erkannten wir sofort eindeutig als Marc-Philipp, einen Mitmusiker seit fünf Jahren, von dem wir eine derartige Geisteshaltung und Radikalisierung nie erwartet hätten.
Der Gitarrist hatte seine Weltanschauung offenbar nie laut geäußert, die Band behauptet, weder davon noch von der Produktion der Clownswelt-Clips etwas gewusst zu haben. Auf eine Nachfrage seiner Kollegen reagierte er nicht.
Rechte Gruppierungen und Rechtspopulisten warfen Powergame vor, ihn nur aufgrund der Böhmermann-Erkenntnisse aus der Band geworfen zu haben. Dazu die Gruppe in ihrer Mitteilung: „Es geht hier nicht darum, dass wir ‚einen Freund verraten‘ haben. Jemand, der uns jahrelang bewusst verschweigt, dass er rechte Hetze verbreitet und dabei weiß, dass wir das nie akzeptieren würden, war ganz offensichtlich nie unser Freund.“
Eine EP, auf der ihr Gitarrist noch zu hören wäre, will Powergame nun nicht mehr veröffentlichen. Zugleich nutzten die Bielefelder die Aufmerksamkeit des Moments, um sich klar gegen Rechts zu stellen: „Powergame steht für interkulturellen Austausch, für Toleranz gegenüber Einwanderern, Flüchtlingen, der LGTBQ+ – Community und anderen Gruppen, die von der lauten Rechten angefeindet werden. Aber Powergame steht nicht für Toleranz gegenüber Hass, Hetze, Diffamierung und Verleumdung.“
Welche Folgen hat die Clownswelt-Causa?
Jan Böhmermann hat im „ZDF Magazin Royale“ immer wieder auf den Einfluss von Rechtspopulisten und Rechtsextremisten im Internet hingewiesen. Sein Versuch, einen teilanonymen YouTuber, der anscheinend auch mit der AfD kooperiert, ihre Ansichten mindestens aber unreflektiert wiedergibt, als Person des öffentlichen Lebens kenntlich zu machen, brachte ihm Kritik ein. In einer Gegenreaktion kündigte der Clownswelt-Betreiber juristische Konsequenzen an, spricht von so genanntem Doxxing. Rechte reagierten derweil höhnisch auf die Tatsache, dass Clownswelt nach der Sendung Tausende von neuen Abonnenten fand. Die AfD wittert hinter dem Beitrag in der ZDF-Sendung hingegen einen Angriff des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf die Meinungsfreiheit.