Trump-Admin wollte Chemtrails widerlegen – aber niemand las den Bericht

Lee Zeldins Social-Media-Beiträge über Wetterphänomene sorgten für Verwirrung, viele dachten, er unterstütze Verschwörungstheorien

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Lee Zeldin, von Trump ernannter Leiter der Umweltschutzbehörde EPA, versuchte am Donnerstag, einen schmalen Grat zu beschreiten. Einerseits Verschwörungstheoretiker zu besänftigen und andererseits Fehlinformationen zu widerlegen. Leider hinterließ er viele Menschen im Unklaren darüber, was die tatsächliche Politik und das Handeln der Behörde betrifft.

Zwischen Klarstellung und Verwirrung

„Die Amerikaner haben Fragen zu Geoengineering und Kondensstreifen“, schrieb Zeldin auf X. „Sie erwarten Ehrlichkeit und Transparenz von ihrer Regierung, wenn sie nach Antworten suchen. Jahrelang wurden Menschen, die in gutem Glauben Fragen stellten, von den Medien und ihrer eigenen Regierung ignoriert oder sogar verunglimpft. Das endet heute.“

Für einige klang dies so, als ob Zeldin unbegründeten Behauptungen über „Chemtrails“ Glauben schenke – ein irreführender Begriff für Kondensstreifen, die weißen Dampffahnen, die manchmal hinter Flugzeugen am Himmel zu sehen sind. Die „Fragen“, auf die er sich bezog, betreffen mit hoher Wahrscheinlichkeit den weit verbreiteten Verdacht, dass diese Wolkenlinien auf eine Form der Klimamanipulation („Geoengineering“) oder das massenhafte Versprühen biologischer oder chemischer Substanzen hindeuten (daher „Chemtrails“).

Das entspricht jedoch nie der Realität, dennoch glauben viele Amerikaner seit Jahrzehnten, dass Kondensstreifen ein Beweis für ein finsteres Komplott seien, mit dem sie mit unbekannten Giften besprüht würden. Die Verschwörungstheorie ist so populär und langlebig, dass acht US-Bundesstaaten Gesetze erlassen haben, die Chemtrails verbieten sollen – wenn auch nicht explizit unter diesem Namen. So verbot Florida im vergangenen Monat etwa „Geoengineering und Aktivitäten zur Wettermanipulation“. Die als verschwörungstheorieaffin bekannte Abgeordnete Marjorie Taylor Greene versucht, ein ähnliches Gesetz im Kongress voranzutreiben.

Was Zeldin tatsächlich ankündigte, war jedoch der Start einer EPA-Webseite mit Informationsmaterialien zur Widerlegung von Missverständnissen über Kondensstreifen. Die neue Regierungsseite erklärt unter anderem, dass „Chemtrails“ ein Begriff sei, den manche Menschen fälschlicherweise verwenden, um zu behaupten, dass Kondensstreifen durch routinemäßigen Flugverkehr in Wirklichkeit die absichtliche Freisetzung gefährlicher chemischer oder biologischer Mittel in großer Höhe darstellen – etwa zur Bevölkerungs- oder Gedankenkontrolle oder zum Geoengineering bzw. zur Wettermanipulation.

Fakten gegen Mythen

Außerdem heißt es dort: „Die Bundesregierung ist sich keines Falls bewusst, bei dem ein Kondensstreifen absichtlich über den Vereinigten Staaten zum Zweck des Geoengineerings oder der Wetterveränderung gebildet wurde.“

Eine separate Seite zum Thema Geoengineering hält fest, dass „die US-Regierung keinerlei Tests im Freien mit solarbezogenem Geoengineering durchführt“ und auch keine „großflächige Umsetzung solcher Technologien“ betreibt.

Die Reaktionen auf Zeldins Kommentare und die geteilten EPA-Berichte wurden jedoch von verifizierten Verschwörungstheoretikern auf X überschwemmt. Die weiterhin ihre üblichen Falschinformationen verbreiteten. Ein Einwohner Floridas postete ein Foto von Kondensstreifen. Und beschwerte sich, dass er sie trotz des neuen Gesetzes seines Bundesstaats immer noch sehe. Andere verbreiteten rechte Falschmeldungen über die angeblich künstlichen Ursachen der tödlichen Überschwemmungen in Texas in diesem Monat.

Greene – die zu jenen MAGA-Anhängern gehört, die diese Überschwemmungen fälschlicherweise auf wetterverändernde Substanzen in der Atmosphäre zurückführen – schien nicht zu bemerken, dass Zeldins Informationen ihren Aussagen widersprachen. „Danke, Secretary Zeldin!“, schrieb sie auf X. Zeldin ist allerdings nur Behördenleiter und kein offizieller Kabinettssekretär. Die Abgeordnete nutzte den Moment dann für einen weiteren Appell für ihr Gesetz, das die „Einspritzung, Freisetzung oder Verteilung von Chemikalien oder Substanzen in die Atmosphäre mit dem ausdrücklichen Ziel, Wetter, Temperatur, Klima oder Sonnenintensität zu verändern“ verbieten soll.

Fehlinterpretationen aus dem eigenen Lager

Auch Robert F. Kennedy Jr., Trumps Gesundheitsminister und bekennender Chemtrail-Verschwörungstheoretiker, reagierte auf Zeldins Beitrag, als hätte der EPA-Chef seine Ansichten bestätigt. Obwohl diese in den veröffentlichten EPA-Berichten klar widerlegt wurden. „Ich bin so stolz auf meinen Freund Lee Zeldin und Präsident Donald Trump für ihr Engagement, endlich das Schweigekartell des Deep State in Bezug auf die teuflische Massenvergiftung unseres Volkes, unserer Gemeinschaften, unserer Wasserwege und Farmen sowie unserer purpurnen Gebirgszüge zu durchbrechen“, schrieb Kennedy auf X. Dabei machten die EPA-Berichte deutlich, dass Kondensstreifen niemanden „vergiften“.

Zumindest ein Demokrat, der Abgeordnete Don Beyer aus Virginia, kritisierte Zeldin dafür, dass sich die EPA überhaupt mit Verschwörungstheoretikern auseinandersetzt. „Manche Menschen haben ‚Fragen‘ dazu, ob Vögel real sind. Wird das Ihr nächstes Projekt?“, schrieb er auf X. „Wie viel Steuergeld werden Sie dafür ausgeben?“

Würden Trump-Beamte zugeben, dass Chemtrails real sind oder bestimmte Eliten in Epsteins Verbrechen direkt verwickelt, müssten sie handeln

Zeldin ist nicht der einzige Trump-Vertraute, der versucht, Desinformationen aus dem MAGA-Lager zu entkräften. Viele rechte Influencer reagierten wütend, als das FBI und das Justizministerium diese Woche in einem Memo erklärten, es gebe keine Hinweise darauf, dass der verstorbene Sexualstraftäter Jeffrey Epstein ermordet wurde. Oder dass er eine „Kundenliste“ zur Erpressung genutzt habe. Generalstaatsanwältin Pam Bondi, die zuvor sensationelle Enthüllungen in dem Fall angedeutet hatte, wurde besonders heftig angegriffen. FBI-Direktor Kash Patel und sein Stellvertreter Dan Bongino, die ebenfalls spektakuläre Enthüllungen versprochen hatten, geraten nun ebenfalls unter Druck. Trump-Anhänger fordern Anklagen gegen Epsteins angebliche Mitwisser.

Doch dies ist schlicht normale Politik, wenn man mit einer Welle von Lügen an die Macht kommt. Und dann feststellen muss, dass sie nicht funktionieren, sobald man selbst regiert. Würden Trump-Beamte zugeben, dass Chemtrails real sind oder bestimmte Eliten in Epsteins Verbrechen direkt verwickelt, müssten sie handeln. Und das ist schwierig, wenn das „Es“ schlicht erfunden ist.

Miles Klee schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil