Trumps neue Standardantwort zeigt ihn ungewohnt ehrlich

Trump schiebt die Verantwortung ab, wenn er zu dem Chaos befragt wird, das seine Regierung in Amerika und der Welt anrichtet

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Donald Trump ist derzeit nicht gut auf Wladimir Putin zu sprechen. In dieser Woche ließ er seinen Frust über den russischen Präsidenten aus, indem er ankündigte, dass die Vereinigten Staaten die militärische Unterstützung für die Ukraine wieder aufnehmen würden. Als er am Dienstag gefragt wurde, wer die Pause der Hilfe ursprünglich angeordnet hatte, antwortete Trump mit einer inzwischen typischen Reaktion, wann immer er mit dem Chaos konfrontiert wird, das seine Regierung in den USA und weltweit anrichtet.

„Ich weiß es nicht“, sagte er.

Die Unterbrechung der Hilfslieferungen für die Ukraine wurde offenbar letzte Woche vom angeschlagenen Verteidigungsminister Pete Hegseth angeordnet, der es Berichten zufolge versäumte, das Weiße Haus über diesen Schritt zu informieren – was zu hektischem internen Gerangel führte. Trump wurde gefragt, ob er die Pause genehmigt habe, während er während einer Kabinettssitzung neben Hegseth saß. Der Präsident erklärte lediglich, dass die USA „defensive Waffen“ an die Ukraine liefern müssten, weil „Putin Menschen nicht richtig behandelt“. Auf die Frage, wer die Pause angeordnet habe, antwortete Trump: „Ich weiß es nicht.“ Und fügte hinzu: „Warum sagen Sie es mir nicht?“

„Ich bin kein Anwalt – ich weiß es nicht“

Dass die USA militärische Hilfe an die Ukraine liefern, die sich weiterhin gegen eine russische Invasion verteidigt, ist offensichtlich eine bedeutende Angelegenheit – und es ist unvorstellbar, dass die Regierung mit der Situation so fahrlässig umgeht. Allerdings scheint die Administration bei nahezu allem so sorglos zu agieren – vom Umgang mit Auslandskriegen bis hin zu verfassungswidrigen Abschiebungsplänen – und der Präsident hat es sich inzwischen zur Gewohnheit gemacht, bei kritischen Fragen die Verantwortung auf andere abzuschieben.

Trumps scheinbares Desinteresse zeigte sich deutlich, nachdem seine Regierung den Einwohner von Maryland, Kilmar Abrego Garcia, illegal in ein brutales Gefängnis in El Salvador abgeschoben hatte. Mehrere Bundesgerichte, darunter auch der Oberste Gerichtshof, urteilten, dass dies nicht hätte geschehen dürfen. Und dass die Regierung die Rückführung Abrego Garcias ermöglichen müsse. Die Administration weigerte sich wochenlang. Trump wurde wiederholt zu seiner Meinung zu dem Fall und zur Rechtslage befragt. Und verweigerte immer wieder eine Antwort, indem er auf „meine Anwälte“ verwies. Also auf das Justizministerium. Trump wollte sich nicht einmal dazu verpflichten, die Verfassung einzuhalten.

Kristen Welker von NBC News fragte Trump im Mai: „Ihr Außenminister sagt, dass jeder, der sich hier aufhält – Bürger und Nichtbürger – Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren hat. Stimmen Sie dem zu?“

„Ich weiß es nicht, ich bin kein Anwalt. Ich weiß es nicht“, antwortete Trump, bevor er über die Notwendigkeit sprach, Kriminelle abzuschieben.

Nichts wissen

„Müssen Sie als Präsident der Vereinigten Staaten nicht die Verfassung einhalten?“ fragte Welker.

„Ich weiß es nicht“, sagte Trump.

Die Regierung schickte Abrego Garcia und Hunderte andere im März ohne rechtsstaatliches Verfahren nach El Salvador. Er ignorierte dabei einen Bundesrichter, der anordnete, die Flugzeuge müssten in die USA zurückkehren. Die Abschiebungen erfolgten unter Berufung auf den Alien Enemies Act. Die Begründung war derart zweifelhaft, dass ein von Trump ernannter Richter sie verwarf. Und der Oberste Gerichtshof entschied, dass die Regierung das Gesetz von 1798 nicht nutzen dürfe, um Menschen ohne Verfahren abzuschieben. Als Trump danach gefragt wurde, ob er sich der Anwendung dieses Kriegsrechtsakts bewusst sei, antwortete er – richtig geraten – dass er davon nichts wisse.

„Ich habe nicht darüber nachgedacht“

„Ich weiß nicht, wann es unterzeichnet wurde. Weil ich es nicht unterzeichnet habe“, sagte Trump im März gegenüber Reportern. Das Weiße Haus erklärte, Trump habe sich auf die ursprüngliche Unterzeichnung des Gesetzes vor über 200 Jahren bezogen. Nicht auf die Proklamation, die er sehr wohl nach Amtsantritt unterzeichnet hatte. Diese Erklärung passte allerdings kaum zu Trumps Aussage, dass „andere Leute das geregelt“ hätten, bevor er Außenminister Marco Rubio dafür lobte, dass dieser „Kriminelle aus dem Land bringt“.

Weitere Beispiele. Trump sagte „Ich weiß nichts darüber“, als er zur Entscheidung seiner Regierung befragt wurde, die bundesstaatlichen Korruptionsvorwürfe gegen den New Yorker Bürgermeister Eric Adams fallen zu lassen. Antwortete mit „Ich weiß es nicht“, als es um die geplanten Abschiebungen nach Libyen ging, und verwies auf das Heimatschutzministerium. Und gestand ein: „Ich weiß nichts davon“, als er zu einem brisanten Artikel im The Atlantic befragt wurde, wonach Pete Hegseth sensible Angriffspläne gegen jemenitische Rebellen in einem ungesicherten Signal-Chat diskutiert habe – in dem sich auch der Chefredakteur der Zeitschrift befand. Man sollte meinen, Trump wäre über ein derart gravierendes Sicherheitsleck seiner eigenen Regierung informiert worden, bevor Journalisten ihn damit konfrontierten. Zumal der Artikel bereits seit Stunden im Netz kursierte.

Hegseth steht auch im Zentrum von Trumps jüngstem Schulterzucken über die Unterbrechung der militärischen Hilfe für die Ukraine. Shawn McCreesh von der „New York Times“ fragte den Präsidenten am Mittwoch, ob er inzwischen herausgefunden habe, wer die Munitionslieferungen gestoppt habe. Nachdem Trump tags zuvor erklärt hatte, er wisse es nicht.

„Ich würde es wissen“

„Ich habe nicht darüber nachgedacht. Weil wir uns gerade mit der Ukraine und Munition beschäftigen“, antwortete Trump. „Aber nein. Ich habe mich nicht damit befasst.“

McCreesh hakte nach. „Was sagt es aus, wenn so eine wichtige Entscheidung in Ihrer Regierung getroffen wird, ohne dass Sie es wissen?“

„Ich würde es wissen“, sagte Trump. „Wenn eine Entscheidung getroffen wurde, werde ich es wissen. Ich werde der Erste sein, der es weiß. Eigentlich würde ich sie höchstwahrscheinlich selbst treffen. Aber das habe ich noch nicht getan.“

Trump wandte sich dann rasch einem anderen Reporter zu, um eine neue Frage zu beantworten.

Ryan Bort schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil