Emmy-Nominierungen 2025: Übersehene Favoriten und Überraschungen
„The Bear“ ist immer noch eine Comedy! Die Wähler lieben „The White Lotus“! Hollywood-Leute lieben Serien über Hollywood! Und weitere Enthüllungen der heutigen Bekanntgaben
Wenn wir in diesem Jahr über übergangene Favoriten („Snubs“) und Überraschungen bei den Emmy-Nominierungen sprechen, dehnen wir die Begriffe gelegentlich etwas aus. Einige der unten genannten „Snubs“ betreffen Serien oder Darbietungen, die zwar nicht unbedingt die besten waren, aber ins übliche Schema der Nominierten passen, während andere wirklich großartig waren, von denen man aber schon im Vorfeld wusste, dass sie ignoriert würden. Und manche Überraschungen betreffen eher das Ausmaß der Nominierungen als ihre Existenz an sich. Also los:
ÜBERRASCHUNG: „The Studio“ dominiert
Ein großartiger Morgen für die Führungsetage von Apple TV+. Severance war mit 27 Nominierungen die meistnominierte Serie des Jahres. Jeder Darsteller außer Christopher Walken wurde berücksichtigt. Gleichzeitig stellte die von Seth Rogen produzierte Comedy The Studio mit 23 Nominierungen einen neuen Rekord für eine erste Staffel auf. Das liegt auch daran, dass Hollywood-Wähler besonders empfänglich für Serien über ihre eigene Branche sind. Insbesondere wenn sie gut gemacht sind. Und für Prominente, die sich selbst spielen. Sechs der Nominierungen fielen in die Kategorien „Gastdarsteller/in“. Darunter Martin Scorsese, Ron Howard und Zoë Kravitz. Leider war Sarah Polley – Schauspielerin, dann Regisseurin, dann wieder Schauspielerin – nicht unter diesen sechs.
ÜBERRASCHUNG: Die Wähler straften „The Bear“ Staffel 3 nicht ab
Die Emmy-Verleihung 2024 endete mit einem Schock. Die zweite Staffel von „The Bear“ – eine der gefeiertsten TV-Staffeln der letzten Jahre – verlor den Preis für die beste Comedyserie gegen „Hacks“. Damals war unklar, ob dies eine Bestrafung der Serie für einen Kategorienbetrug war. Es fällt zunehmend schwer, diese intensive und tiefgründige Serie als „Comedy“ zu bezeichnen. Oder ob die Mitglieder der Akademie von der ungleichmäßigen dritten Staffel, die während des Abstimmungszeitraums für Staffel zwei veröffentlicht wurde, enttäuscht waren. Falls Letzteres zutraf, haben sie ihren Groll offenbar vergessen. Die Serie erhielt 13 Nominierungen. Darunter erneut für die beste Comedyserie.
IGNORIERT: Der Cast von „What We Do in the Shadows“
Die FX-Vampirkomödie bekam für ihre letzte Staffel immerhin sechs Nominierungen. Darunter für die beste Comedyserie und das Drehbuch des Serienfinales. Doch eine Serie mit einigen der witzigsten Performances dieses Jahrhunderts wird ihre Laufzeit mit insgesamt nur einer Schauspiel-Nominierung beenden. Matthew Berry, der 2024 nominiert wurde. Und nun, wie all seine urkomischen Co-Stars, wieder übergangen wurde.
ÜBERRASCHUNG/IGNORIERT: Katherine LaNasa und Shawn Hatosy für „The Pitt“ / Taylor Dearden für „The Pitt“
Dass das von Kritikern gefeierte Krankenhausdrama „The Pitt“ viele Nominierungen erhält, war zu erwarten. Und mit 13 war es tatsächlich ein großer Erfolg, der in einem anderen Jahr ohne „The Studio“ noch größer gewirkt hätte. Da Noah Wyle der bekannteste Darsteller im Cast ist, stand die Frage im Raum, ob nur er nominiert würde. Stattdessen wurden auch Nebendarstellerin LaNasa (als kluge Stationsleiterin Dana Evans) und Gastdarsteller Hatosy (als Nachtschichtarzt Jack Abbott) berücksichtigt. Beide absolut verdient. Doch wenn die Emmy-Wähler nicht so darauf fixiert wären, alle Darsteller von „The White Lotus“ zu nominieren (mehr dazu gleich), hätten sie vielleicht auch Platz für Taylor Dearden gehabt, deren Darstellung der nervösen Assistenzärztin Mel King sie zur sympathischsten neuen Figur des Jahres machte.
ÜBERRASCHUNG: Harrison Ford für „Shrinking“
Fords teils humorvolle, teils tragische Darstellung eines alternden Psychiaters mit Parkinson war eine der großen Auslassungen bei den Emmy-Nominierungen 2023. Umso erfreulicher ist seine diesjährige Nominierung für seine weiterhin starke Leistung in Staffel 2 von „Shrinking“. Auch sein Co-Star Michael Urie wurde neben den Rückkehrern Jason Segel und Jessica Williams nominiert. Ein starkes Ergebnis für Apple TV+, das insgesamt einen Riesen-Tag hatte.
IGNORIERT: Zahn McClarnon für „Dark Winds“
Inzwischen dürfte es eigentlich niemanden mehr überraschen, dass McClarnon wieder für seine überragende Leistung als Navajo-Cop Joe Leaphorn im AMC-Perioden-Krimi ignoriert wurde. Es ist bereits die dritte Staffel ohne eine einzige Nominierung für ihn. Dennoch werden wir nicht aufhören, dies zu betonen. In der Hoffnung, dass er eines Tages doch berücksichtigt wird, so wie Kyle Chandler für „Friday Night Lights“, Matthew Rhys für „The Americans“ und einige andere „besser spät als nie“-Fälle.
ÜBERRASCHUNG: Jeff Hiller für „Somebody Somewhere“
„Somebody Somewhere“, HBOs einfühlsame, intime Comedy über das Leben in einer Kleinstadt in Kansas, war sowohl thematisch als auch beim Publikum eher klein. Umso überraschender ist es, dass die Serie für ihre dritte und letzte Staffel zwei Nominierungen erhielt. Eine für das Drehbuch, eine für Jeff Hillers bewegende Nebenrolle als bester Freund von Bridget Everetts Figur. (Everett wurde zwar nicht für ihre eigene Schauspielarbeit berücksichtigt, teilte sich aber die Drehbuch-Nominierung mit Hannah Bos und Paul Thureen.)
IGNORIERT: „A Man on the Inside“
Nachdem die Rom-Com „Nobody Wants“ This drei große Nominierungen erhielt – für beste Comedyserie und die Hauptdarsteller Kristen Bell und Adam Brody – war kein Platz mehr für einen weiteren Netflix-Neuling: das kluge und herzerwärmende Senioren-Mystery „A Man on the Inside“, und nicht einmal für dessen Star Ted Danson. Danson hat 18 frühere Nominierungen und zwei Siege – und auch wenn er nicht immer automatisch nominiert wird (keine Nominierungen für Becker, „Bored to Death“ oder seine „CSI“-Zeit), hatten die Wähler seine frühere Zusammenarbeit mit Serienschöpfer Michael Schur („The Good Place“) geliebt.
ÜBERRASCHUNG: Owen Cooper für „Adolescence“
Dass Cooper nominiert wurde, ist eigentlich keine Überraschung – seine Debütleistung als jugendlicher Mörder in der One-Take-Miniserie von Netflix war schlicht sensationell. Und für Kenner der Einreichungskategorien war auch klar, dass er als Nebendarsteller angemeldet wurde. Dennoch wirkt es wie Kategorien-Betrug – und ein Versuch, sowohl Cooper als auch seinen Co-Star Stephen Graham zu möglichen Gewinnern zu machen (Graham wurde als Hauptdarsteller nominiert). Da es nur vier Episoden gibt und niemand in allen vier vorkommt, ist die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebendarsteller bei „Adolescence“ ohnehin fragwürdig. Fakt ist: Cooper dominierte zwei Folgen eindeutig – sowohl in Screentime als auch in Präsenz.
IGNORIERT: „My Brilliant Friend“
Es gibt prominente Fälle von Serienklassikern, die nie einen Emmy gewannen – wie „The Wire“, „Parks and Recreation“ oder zuletzt „Better Call Saul“. Aber sie wurden immerhin nominiert: zwei Mal „The Wire“, satte 53 Mal„ Saul“. Selten ist hingegen, dass eine Serie über mehrere Staffeln hinweg große Kritikerliebe erfährt – und nie auch nur eine Nominierung bekommt. In diese traurige Liste reiht sich nun HBOs italienischsprachige Adaption von Elena Ferrantes Neapolitanischen Romanen ein – neben Serien wie „Rectify“, „Review“ oder „Terriers“. Eine großartige Serie – komplett ignoriert, obwohl Emmy-Wähler ausländischen Produktionen zuletzt durchaus offen gegenüberstanden (man denke an „Shōgun“ bei den Emmys 2024).
ÜBERRASCHUNG: Sam Rockwell für „The White Lotus“
Rockwells Monolog über die Obsession seiner Figur mit thailändischen „Ladyboys“ war zweifellos das Highlight der holprigen fünften „Lotus“-Staffel. Insofern ist seine Nominierung nachvollziehbar – zumal die Wähler offenbar entschlossen sind, jedes Jahr möglichst viele Darsteller dieser Serie zu berücksichtigen. Die Überraschung liegt vielmehr darin, dass er als Nebendarsteller und nicht als Gaststar geführt wird – eine Besonderheit der Emmy-Regularien. Da er in der Hälfte der Episoden zu sehen war – wenn auch teils nur kurz –, ist er für die Gastkategorie nicht zugelassen. (Siehe auch Pedro Pascal, der durch einen Kurzauftritt am Ende der fünften „Last of Us“-Episode über die Grenze zur Hauptdarsteller-Kategorie rutschte.)
IGNORIERT: Frühere Emmy-Favoriten
Der einfachste Weg, einen Emmy zu gewinnen, ist: ihn bereits einmal gewonnen zu haben. Und die einfachste Methode, nominiert zu werden, ist: bereits einmal nominiert worden zu sein. Doch das funktioniert nicht immer. Die finale Staffel von „The Handmaid’s Tale“ – 15 Emmy-Siege insgesamt, darunter Bester Drama-Serie-Debüt – erhielt lediglich eine Nominierung: Gastdarstellerin Cherry Jones. „Yellowjackets“, das in den ersten zwei Staffeln zehn Nominierungen (inkl. bester Dramaserie) einheimste, ging mit Staffel 3 leer aus. Auch „Squid Game“ Staffel 2 wurde ignoriert – nach 14 Nominierungen und sechs Siegen für Staffel 1. Und Natasha Lyonne, bereits fünfmal nominiert, schaffte es nicht erneut für „Poker Face“ – dessen zweite Staffel (zumindest die veröffentlichte Hälfte) nur Nominierungen für Gaststar Cynthia Erivo und Stunts erhielt.
IGNORIERT: „The Rehearsal“
Die zweite Staffel von Nathan Fielders Doku-Comedy ging nicht völlig leer aus – zwei Regie- und eine Drehbuch-Nominierung. Angesichts der Tatsache, dass Staffel 1 komplett übergangen wurde, ist das ein klarer Fortschritt. Dennoch erscheint die Anzahl gering – besonders für eine Serie, über die im Frühjahr so viel gesprochen wurde.
IGNORIERT: „Industry“
[Zum Abschluss übergeben wir an Rolling-Stone-Autor CT Jones für diesen speziellen Einwurf.]
Der Krieg zwischen Millennials und Gen Z geht weiter. HBOs provokante Dramaserie „Industry“ wurde vollständig aus den Haupt- und Nebendarsteller-Kategorien ausgeschlossen – eine merkwürdige Auslassung für eine Serie, die sich zu einem leidenschaftlich verehrten Kult entwickelt hat. Staffel 3 führte die Figuren von Handelsräumen zu Country Clubs, Tech-Milliardären, grünen IPOs und Glücksspielszenen. Dabei brachten die Showrunner Mickey Down und Konrad Kay aus jedem ihrer Stars in Soloepisoden Höchstleistungen heraus. Warum wollen die Emmy-Wähler keine jungen, attraktiven Frauen sehen, die im Business erfolgreich (und vielleicht mörderisch) sind? Es ist einfach nicht fair.