Mille über Ozzy: „Er war ein ganz wichtiger Teil der Heavy-Metal-Ursuppe“

Kreator-Chef Mille Petrozza hat Black Sabbath spät entdeckt, und sein erstes Ozzy-Poster zeigte den Sänger noch als 80er-Jahre-Werwolf. Später trat er auf dessen Ozzfest auf

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Ozzy Osbourne hat mehrere Generationen von Musiker:innen geprägt, im Heavy Metal und in angrenzenden Genres. So auch Mille Petrozza, den Kopf von Deutschlands berühmtester Thrash-Metal-Band Kreator. Wir haben mit Mille über Ozzys bleibenden Einfluss gesprochen. Er kam gerade in Tolmin mitten in den slowenischen Bergen an, wo er später beim Tolminator-Festival spielen wird. Am Vorabend erfuhr er von Ozzy Osbournes Tod, kurz bevor er in Memmingen auf die Bühne ging.

Als 1970 das Debüt von Black Sabbath erschien, warst du drei Jahre alt. Wie hast du die Band und Ozzy entdeckt?

Ich habe Black Sabbath spät entdeckt, erst in den 90er-Jahren so richtig. Zuerst kam ich zu Ozzy Osbourne – weil ich so ein Poster hatte, wo Ozzy sich zu „Bark At The Moon“ (1983) als Werwolf hat schminken lassen. Das war in der „Bravo“. Ich habe aber gar nicht gewusst, was er für Musik macht. Ich habe mir das einfach, weil es so cool aussah, aufgehangen in meinem Kinderzimmer. Das war die erste Begegnung mit Ozzy Osbourne, wenn man das mitzählen will. Dann habe ich ihn bei „Rock Pop In Concert“ gesehen, ein legendäres Konzert. Ich musste mich da rantasten, bis ich erst mal gecheckt habe, wie super die Musik von ihm ist. Das hat gedauert.

In den 80er-Jahren, auf „The Ultimate Sin“ zum Beispiel, war Ozzy ja auch fast etwas … poppig, für Kreator-Verhältnisse.

Richtig, deswegen hatte ich auch nicht so einen Zugang dazu. Aber ich mochte natürlich Sachen wie „Crazy Train“. Mein erstes Ozzy-Osbourne-Album, „Speak Of The Devil“ (1982), war ein Live-Album. Das habe ich damals total abgefeiert. Das waren die ganzen alten Sabbath-Songs drauf, aber ich wusste nicht, dass das alte Black-Sabbath-Songs waren, weil ich ja noch nicht so in der Materie drin war. Ein komischer Zugang, ich weiß!

Mille Petrozza

Würdest du dem zustimmen, was jetzt in allen Nachrufen steht: Ohne Ozzy kein Heavy Metal?

Definitiv, er war auf jeden Fall ein Teil der Ursuppe – und ein ganz, ganz wichtiger Teil. Natürlich gab es noch andere Protagonisten, Cream, Alice Cooper und so weiter, die Hardrock gemacht haben. Aber es waren schon Black Sabbath und Ozzy, die die Musik, die wir heute als Heavy Metal verstehen, losgetreten und am meisten geprägt haben.

Hast du später auch noch Ozzys Reality-TV-Karriere verfolgt oder lieber nicht?

Das habe ich lieber nicht geguckt. Das war nicht für mich. Ich war Fan, und ich wollte das nicht sehen.

Zu Ozzys Leben gehört ja auch, dass er schon ein abschreckendes Beispiel dafür war, was Drogen und Alkohol anrichten können. Hast Du ihn mal persönlich getroffen?

Naja, „getroffen“ … Wir waren zusammen 1989 auf der Fünf-Jahre-Party des „Metal Hammer“. Wir waren im Vorprogramm in der Westfalenhalle, und dann gab es noch eine Aftershow-Party. Wir waren alle sehr ehrfürchtig, wir waren ja nicht im engeren Kreis. Da war er auch schon relativ, ich sage mal, angeschlagen. Aber ich glaube, er hat das auch zelebriert, das war sein Lebensstil. Und jeder wählt das ja für sich selber aus. Ich bin einfach froh, dass wir ihn so lange hatten, wenn man überlegt, wie er gelebt hat – wenn auch in den letzten Jahren wohl gesünder. Für seinen Lebensstil hat er ein gutes Alter erreicht.

Später habt Ihr auch noch gemeinsam Konzerte gespielt?

Diverse Male. Wir wurden von Ozzy beziehungsweise der Famlie Osbourne auch eingeladen zum letzten Ozzfest, das es gab, in Los Angeles. Das war ein tolles Erlebnis. Das letzte Mal habe ich Ozzy Osbourne an Silvester 2018 zu 2019 im Forum in Los Angeles gesehen – zusammen mit Body Count, Marilyn Manson und Rob Zombie. Da gab es schon viele sehr lange Pausen … Aber das Abschiedskonzert jetzt vor kurzem war super. Wie er da performt hat! Ich war selber auf Tour in Istanbul, sonst wäre ich auch hingefahren. So habe ich es mir hinterher angeschaut.

Das war natürlich auch so ein emotionales Konzert, weil so viele Freunde und Bands da waren, die uns ebenfalls geprägt haben, Metallica und so. Das war wie ein Familientreffen. Es war ein sehr, sehr würdiger Abschluss. Ich hätte jetzt aber nicht damit gerechnet, dass er zwei Wochen später dann gleich stirbt. Ich bin immer noch ein bisschen schockiert. Er war ja ein Teil meines Lebens. Ozzy Osbourne war halt immer da, egal in welchen Phasen und in welchen Zuständen. Das war auch immer egal, weil es eben Ozzy Osbourne war. Und jetzt ist er nicht mehr da. Das ist der Lauf der Dinge. Der Tod gehört zum Leben dazu – aber wenn er dann kommt, ist es immer wieder schockierend, weil man sich auch seiner eigenen Sterblichkeit ein bisschen bewusster wird.

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Aber ich glaube nicht, dass Ozzy Osbourne wollte, dass wir jetzt alle traurig sind. Er würde wahrscheinlich wollen, dass wir weitermachen und weiterhin Menschen mit Musik glücklich machen. Es ist doch einfach schön, dass dieses Konzert in Birmingham so ein toller Abschluss war und dass Ozzy anscheinend friedlich eingeschlafen ist, ohne besonders viel Schmerz und im Kreise seiner Geliebten und Familie.

Für die Ewigkeit: Was ist dein ultimativer Ozzy-Osbourne-Song?

Da gibt es sehr viele, aber wenn ich mich entscheiden muss: „Symptom Of The Universe“.

Robert Eikelpoth