Während Trump Klimagerechtigkeit abbaut, wehren sich Küstenstädte

Von Seattle bis New Orleans schützen Städte vorderste Gemeinschaften, während sich die Bundesregierung zurückzieht

ROLLING STONE Badge
Empfehlungen der Redaktion

Im Frühjahr, während die Bundesregierung gerade Umweltgerechtigkeitszuschüsse in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar strich, tat Seattle das Gegenteil. Die Stadt vergab über ihren Umweltgerechtigkeitsfonds 1,2 Millionen Dollar an Basisorganisationen, die sich an vorderster Front dem Klimawandel stellen. Also Gemeinschaften, die mit Meeresspiegelanstieg, Sturmfluten und zunehmender Hitze konfrontiert sind. Das Geld, das durch eine Lohnsteuer für einkommensstarke Unternehmen aufgebracht wurde, fließt direkt an Farbige, Einwanderer, ältere Menschen und einkommensschwache Bewohner. Menschen, die als Erste und am stärksten von Klimafolgen betroffen sind.

Städte übernehmen Verantwortung inmitten des Rückzugs der Bundesregierung

Nicht nur Seattle geht diesen Weg. In den gesamten Vereinigten Staaten ergreifen Städte Maßnahmen, obwohl die staatliche Unterstützung für Klimaanpassung und Umweltgerechtigkeit zusammenbricht.

Seit seiner Rückkehr ins Amt hat Präsident Donald Trump keine Zeit verloren, Programme zur Klimagerechtigkeit abzubauen. Seine „Tag-Eins“-Verfügungen beendeten alle Bundesstellen und -mitarbeiter für Umweltgerechtigkeit, schafften die Justice40-Initiative ab und öffneten weite Teile der US-Küste wieder für Offshore-Bohrungen. Seine Regierung hat eine jahrzehntealte Verfügung aufgehoben, die Behörden dazu verpflichtete, Umweltgerechtigkeit in ihren Aufgaben zu priorisieren, zentrale Werkzeuge wie das „EJScreen“ der Umweltschutzbehörde (EPA) abgeschaltet und wichtige Förderprogramme wie Katastrophenschutzhilfen gestrichen. Und durch das „Big Beautiful Bill“ hat Trump das Umwelt- und Klimagerechtigkeitsprogramm des Inflation Reduction Act zerschlagen – Milliardenbeträge, die einst für saubere Luft, sauberes Wasser und grüne Arbeitsplätze in besonders belasteten Gemeinschaften bestimmt waren, wurden gekürzt.

Küstenstädte in der Zange von Klimakrise und Ungleichheit

Diese Rückschritte sind keine bloße politische Machtdemonstration. Sie gefährden bereits heute Leben und Lebensgrundlagen in Gemeinden im ganzen Land.

Besonders betroffen sind Küstenstädte, in denen über 47 Millionen Menschen leben. Dort treffen steigende Meeresspiegel und stärkere Stürme auf lang bestehende Ungleichheiten. Fast 60 Prozent der Küstenstadtbewohner sind People of Color – im Vergleich zu 37 Prozent landesweit. Diese Städte haben auch höhere Raten an Armut, Arbeitslosigkeit, Mietbelastung und Nichtstaatsbürgerschaft. Das bedeutet: Wenn Katastrophen eintreten – sei es durch Hurrikans an der Golfküste oder Schneestürme in New York – sind es oft gerade jene Gemeinschaften, die über die wenigsten Ressourcen zur Erholung verfügen, die am stärksten betroffen sind.

Klimagerechtigkeit als Überlebensstrategie in den Städten

In diesen Städten ist Klimagerechtigkeit mehr als eine politische Priorität – sie ist eine Überlebensstrategie.

Beim Urban Ocean Lab, einem Thinktank für die Zukunft von Küstenstädten, haben wir mit Kommunalverantwortlichen im ganzen Land gesprochen, wie sie mit dieser neuen Realität umgehen. Unser neuer Bericht zeigt, was wir dabei gelernt haben – und was trotz allem noch möglich ist.

Trotz eines feindlichen politischen Klimas auf Bundesebene machen Städte weiter. Sie schaffen lokale Finanzierungsquellen, investieren in gemeinschaftsgeleitete Planung und verankern Gerechtigkeit fest in ihre Verwaltungsstrukturen.

Städtische Gerechtigkeitsinitiativen setzen Maßstäbe

In Oakland wird jede Maßnahme des Equitable Climate Action Plan auf ihre Auswirkungen auf die Rassengerechtigkeit hin bewertet. In Seattle verpflichtet das inzwischen gesetzlich verankerte Race and Social Justice Initiative alle städtischen Abteilungen dazu, Budgets und Programme unter einem Gerechtigkeitsblickwinkel zu überprüfen. Das ist echter institutioneller Wandel.

Während die Bundesregierung zentrale Datenquellen abschaltet, erkennen Städte den Wert von Information. In San Diego kartiert der Climate Equity Index, wo sich Umweltgefahren und soziale Verwundbarkeit überschneiden – und lenkt so Investitionen der Stadt in Regenwasserprojekte, Grünflächen und Klimainfrastruktur. In New York City vereint das EJNYC Mapping Tool über 100 Datensätze, um Umweltbelastungen in Gegenden wie den Rockaways und der South Bronx aufzuzeigen – beide sind tief gelegene Gebiete mit alternder Infrastruktur und einer langen Geschichte der Vernachlässigung. Diese Werkzeuge helfen Städten dabei, Investitionen gezielt dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

Gemeinden als Partner im Klimakampf

Da Bundesmittel versiegen, stärken viele Städte ihre Zusammenarbeit mit Organisationen an der Basis – den lokalen Expertengruppen, die seit Jahrzehnten an vorderster Front kämpfen. In New Orleans bringt das Climate Action Equity Project Führungspersonen aus allen Stadtteilen zusammen, um gemeinsam Resilienzstrategien zu entwickeln – von Hochwasserschutz bis zur Küstenwiederherstellung. In Providence, Rhode Island, überträgt die Initiative Green Justice Zones Nachbarschaftsgruppen die Verantwortung für die Planung in Sachen Überflutung und Extremhitze in besonders gefährdeten Stadtteilen.

Städte bauen eigene Programme für grüne Arbeitsplätze auf

Während nationale Arbeitsmarktprogramme schrumpfen, bauen Städte eigene Berufseinstiege in den grünen Sektor. In Cleveland lernen Jugendliche aus betroffenen Gemeinschaften Fähigkeiten zur Wiederherstellung städtischer Wälder und zum Schutz ihrer Viertel vor Überflutung und Wasserverschmutzung. In New Orleans bereiten Programme wie Ground CREW und Thrive farbige und einkommensschwache Einwohner darauf vor, Projekte zur Regen- und Hochwasserresilienz auf Nachbarschaftsebene zu leiten.

Klimagerechtigkeit in der Praxis – und echtes Führungsverhalten

So sieht Klimagerechtigkeit aus: taktisch, gemeinschaftsverwurzelt und unbeirrt. Es ist auch das, was echte Führung ausmacht – im scharfen Kontrast zum politischen Theater in Washington.

Während Trump Pressekonferenzen abhält und Gesetzesunterzeichnungen inszeniert, um den Abbau hart erkämpfter Schutzmaßnahmen zu feiern, leisten Kommunalverwaltungen die eigentliche Arbeit: Leben schützen, sich auf zukünftige Stürme vorbereiten und die Gerechtigkeitslücke schließen. Die Bedrohung ist nicht theoretisch. Sie ist real – und sie trifft Küstenstädte und ihre Bewohner direkt. Und sie wird jedes Jahr dringlicher.

Jetzt investieren – denn die nächste Katastrophe wartet nicht

Wir müssen nicht darauf warten, dass die Trump-Regierung zur Vernunft kommt. Aber wir dürfen Städte mit dieser Arbeit auch nicht allein lassen.

Philanthropie, Landesregierungen und der Privatsektor müssen ebenfalls ihren Teil dazu beitragen, die bereits funktionierenden Lösungen zu sichern und auszubauen. Vom Unterstützen von Klimagerechtigkeitsfonds bis zur Förderung grüner Berufsausbildung – die Zeit zum Investieren ist jetzt. Denn der Kampf für eine gerechte, klimafeste Zukunft wartet nicht – und die nächste Katastrophe auch nicht.

Calla Rosenfeld ist Klimapolitik-Analystin und wissenschaftliche Mitarbeiterin beim gemeinnützigen Thinktank Urban Ocean Lab. Ihr Schwerpunkt ist die klimaresiliente Entwicklung von Küstenregionen.