Soulwax
„All Systems Are Lying“
Deewee/Because (VÖ: 17.10.)
Die Dewaeles rocken noch immer den Dancefloor.
Manchmal mag man sich ja nicht entscheiden zwischen einer hart rockenden Band und den technischen Zaubereien eines gut aufgelegten DJs. Die Brüder David und Stephen Dewaele stehen für beides. In den 90er-Jahren starteten sie Soulwax als Lollapalooza-kompatible Rockband, mit offenem Ohr für die radikalen Neuerungen in der Techno- und Clubmusik-Szene. Als 2manydjs brachten die Belgier Anfang der Nullerjahre weitere unterschiedliche Genres zusammen: Salt ’n’ Pepa rappten „Push It“ zum Garagen-Sound der Stooges; Dolly Parton traf auf Röyksopp. Solche Mash-ups stießen damals heftige Debatten über das Urheberrecht an und alarmierten die Plattenindustrie. Doch eigentlich war es ein großer Spaß und ein Spiel mit den damals noch vorhandenen tiefen Gräben zwischen den unterschiedlichen Hoheitsgebieten des Pop. Gräben, die es heute kaum noch gibt.
„All Systems Are Lying“ fehlt deshalb ein wenig die subversive Dringlichkeit. Tracks wie „Run Free“ klingen trotzdem immer noch unglaublich fett und satt produziert. „I wanna run free with the music“, singt Stephen Dewaele so eindringlich sanft wie Bernard Sumner, während sein Bruder die Klangmaschinen triggert, kitzelt und lustvoll zum Äußersten treibt. Oft sind es die avancierten „Störgeräusche“, die hier den besten Eindruck machen. Das gibt dem Album etwas Technisches, aber Brillantes – und reizt dazu, den Sound der eigenen Anlage auszutesten. Manchmal ist es allerdings ein bisschen zu viel des Guten, und man wünscht sich mehr Songwriting, etwa beim heftig ballernden Titeltrack. „Polaris“ balanciert melodischen Gesang und Block Rockin’ Beats deutlich besser aus. Vermutlich ist ein gut bestückter Club – oder gar ein Festival – immer noch die beste Art, Soulwax zu erleben.
Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 11/2025.