Seine Kreativität lässt ihm keine Ruhe: „Demolition“ dokumentiert seine Schaffenskraft der letzten Monate, doch RYAN ADAMS ist längst woanders

Ryan Adams liegt in Jeans und eigenem Tour-T-Shirt auf dem Bett seines New Yorker Appartements und gähnt. Es ist 16 Uhr und er hat die ganze Nacht an einem neuen Song gearbeitet: „Ein Freund rief mich gegen zehn Uhr abends an und fragte, ob ich mit ihm zu ’nem Konzert gehen wolle, doch ich hatte keine Lust und wollte zu Hause bleiben, früh ins Bett gehen. Da kam mir dann aber diese Songidee, tja, und dann war’s das mit dem Schlaf. Jetzt bin ich hundemüde.“

Er scheint vor Kreativität zur Zeit geradezu überzusprudeln. In den vergangenen Monaten hat er fünf komplette Alben eingespielt, einige Bilder für eine Ausstellung gemalt, die am Tag nach unserem Interview in New York eröffnet wurde, und die Aufnahmen fiir’s nächste Album stehen auch wieder an.

Dass er nun „Demolition“, eine Art Best-Of-Zusammenstellung der fünf eingespielten Alben (die in ihrer vollen Pracht wohl allenfalls in limitierter Auflage erscheinen), promoten soll, scheint ihm nicht so recht zu passen. Die Aufnahmen sind für ihn bereits Geschichte, ebenso wie seine in Interviews geäußerten Pläne, als nächstes wahlweise eine Punkplatte mit seinen Pink Hearts oder ein schlackefreies Album ähnlich dem Stones-Klassiker „Sticky Fingers“ zu veröffentlichen.

„Ich habe ja zwei Alben mit den Pink Hearts gemacht, davon hörst du einige Songs auf ,Demolition‘. Schon bei der Zusammenstellung der Aufnahmen scheint ihm aber aufgegangen zu sein, dass seine Talente eher in anderen Stilrichtungen liegen: Die heiseren Pink Hearts-Rocker „Starting To Hurt“, „Gimme A Sign“ und „Nuclear“ sind nicht unbedingt die Höhepunkte auf „Demolition“, sondern schrammen gefahrlich nah an hemdsärmeliger Durchschnittsware vorbei.

Die Songperlen fanden sich eher in den Sessions, die er zwischen „Heartbreaker“ und „Gold“ mit dem ehemaligen Dylan-Sidekick Bucky Baxter spielte und halb im Scherz „The Suicide Handbooks“ nennt. Vor allem sind hier „Dear Chicago“ und „She Wants To Play Hearts“ zu nennen. Bei letztgenanntem stimmt er zu: Ja. Das ist mein absoluter Lieblingssong auf ‚Demolition‘. ,The Suicide Handbooks‘ sollte der Nachfolger von ‚Heartbreaker‘ werden, doch ich wollte nicht schon wieder so depressives Zeug veröffentlichen. Die meisten Songs sind über ein Mädchen aus Hollywood. Das war eine sehr schmerzhafte Trennung.“

Das „Mädchen aus Hollywood“ ist Winona Ryder, die auch auf den Aufnahmen, die Adams direkt nach der Fertigstellung von „Gold“ mit Ethan Jones in New York machte, in Songs wie „Desire“ und „Hallelujah“ noch präsent ist. Das zugehörige Album nennt Adams heute „48 Hours“.

Erst als er einige Konzerte in Europa spielte und des Öfteren mit Beth Orton abhing (auf deren neuem Album „Daybreaker“ er auch zu hören ist) kam wieder etwas Licht in seine Lieder. Bei Sessions in Stockholm entstand unter anderem das wundervolle „You Will Always Be The Same“: „Das ist der beste Song, der jemals über Beth Orton geschrieben wurde. Den haben wir aufgenommen, nachdem ich mit Beth eine Version von ,Brown Sugar‘ gemacht habe. Zu der Zeit hab ich ’ne Menge Nick Drake undjoni Mitchell gehört.“

Die klassische Songschreiberkunst scheint ihm also immer noch am meisten zu liegen, das soll man auch auf dem neuen Album hören: „Nick Drake, Jeff Buckley, The Smiths, das ist so die Richtung, in die meine neuen Songs gehen. Nächste Woche beginnen wir mit den Aufnahmen. Aber bis dahin kann ja noch viel passieren. Und im Studio habe ich immer die besten Ideen.“

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