Auf die Schnauze mit Trompeten

Mardi Grass.BB sind eine Blechblasgruppe, fühlen sich aber wie eine Rockband und wollen statt Gemächlichkeit lieber Revolution - gegen was auch immer

In den Augen von Uli „Reverend“ Krug geht es auf der neuen Platte von Mardi Gras-BB um nichts weniger ab Revolution, die in den Köpfen. Da wäre zunächst mal der Umsturz in eigener Sache: Nach einigen Jahren bei einem Major-Label sind die badischen Blechbläser zurückgekehrt ins warme Nest des Indies Hazelwood. Die verängstigten Funktionäre der großen Firma hatten zum Schluss absurde Dance-Remixes und Coverversionen gefordert, da war es Zeit für den Abschied. „Mir ist neu wichtig geworden, Musik wirklich ernst zu nehmen, anstatt immer bloß auf Absatzmärkte zu schielen“, erklärt Krug. „Ich habe noch diesen alten Hippie-Traum, mit Pop- und Rockmusik eine Gegenbewegung aufrecht erhalten zu können. Im Moment ist der Spirit so, dass mir das möglich erscheint. Das begeistert mich!“

Vermutlich hätten die besagten Funktionäre angesichts der neuen Platte von Mardi Gras.BB, „29 Moonglow“, sowieso die Flinte in Korn geworfen. Das ungefähre Dutzend beamt seinen New-Orleans-Second-Line-Groove in die wilden zwanziger Jahre, spielt Ragtime, Charleston und Swamp und verwirrt die ohnehin vielköpfige Diskografie mit dieser unerwarteten Wendung noch ein bisschen mehr. „Auf unseren bisherigen Alben haben wir uns mit den letzten vier Jahrzehnten der Musikgeschichte von New Orleans beschäftigt, jetzt wollten wir zurück zu den Wurzeln“, erklärt Krug den Fünf-Platten-Plan. „Wir fragen uns jedes Mal neu, was man mit einer Brassband noch machen kann. Wir haben Country und Stoner-Rock probiert und einen DJ integriert. Jetzt mussten wir die Anfänge ergründen.“

Hier kommt der Begriff der Revolution nun ein zweites Mal zum Tragen: Krug erzählt von den großen Umbrüchen und sozialen Spannungen der Jahre zwischen den Kriegen und zieht Parallelen zur Gegenwart. „Nimm zum Beispiel das Schreckgespenst des Kommunismus – das ist heute der Islam“, argumentiert der Mann am Susaphon, „oder nimm die Kunst: Da gab es viele provokative, umstürzlerische Tendenzen. Dieses Gefühl der Verunsicherung, des Tanzes auf dem Vulkan – das vereint die beiden Epochen.“

So aufgeladen mit historischer Weitsicht und Sendungsbewusstsein, begibt sich die Band jetzt in den Kampf, allerdings den rein musikalischen: Eine Mammut-Tournee steht an, die die Mardis bis einschließlich Dezember nach Frankreich und natürlich bis in die letzten Ritzen Deutschlands führen wird. Rock’n’Roll? „Sicher“, gibt Krug zu, „wir sind eine Blechblasbruderschaft, aber eine, die sich wie eine Rockband fühlt!“

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