Marilyn Manson – Eat Me, Drink Me

Unterhaltsames Horrorstück über Scheidungen und andere Unfälle.

Die Welt war für ihn immer ein Aschenbecher, aber im vergangenen Jahr saß Marilyn Manson plötzlich mittendrin, statt nur darüber zu singen. Ausgerechnet an Halloween trennte er sich von Gattin Dita von Teese, ersetzte sie durch eine 19-Jährige, in der er seine „Schwester im Geiste“ erkannte – und schrieb ein Album über seine schreckliche Scheidung, „Blood On The Tracks“ ist es nicht geworden, aber Blut wird in Strömen vergossen.

Musikalisch lässt es Manson diesmal etwas ruhiger angehen, es kracht und klötert nicht an jeder Ecke. Dafür fallen ihm endlich mal wieder ein paar dramatische Melodien ein, die richtig, ja fast altmodisch rocken und sich nicht hinter Grotesken und Burlesken verstecken. Weil der Sound nicht mehr so wehtut (oder man sich einfach daran gewöhnt hat), muss er jetzt auch ein bisschen weniger schreien und kann dafür mehr singen. Lustigerweise klingt er mit seiner kratzigen, geschundenen Stimme dann noch kaputter.

Die Geschichte beginnt am Weihnachtsmorgen, mit „If I Was Your Vampire“ und dem alten Oscar-Wilde-Thema: Man tötet, was man liebt — hier natürlich sehr wörtlich genommen. „The hole is where the heart is“, dichtet Manson, „Beyond the pale/ Everything is black/ No turning back.“ Und so weiter und so fort. Der Mond geht auf, kleine Frankensteins treiben ihr Unwesen, Manson beklagt das fehlende Vertrauen der Geliebten, er geht schon wieder zu einer Beerdigung. „They Say That Hells Not Hot“ ist ein exemplarischer Song für dieses Album: Es geht eigentlich nie um die gescheiterte Beziehung, es geht immer nur um Marilyn Manson und wie er gelitten hat, leidet und leiden lassen will. Er schämt sich seiner Klischees nicht, sondern zelebriert sie. Nur ein Autounfall könnte die Liebe noch retten, aber so sicher ist sich der Gepeinigte da nicht: „Are you the rabbit/ Or the headlight/And is there room in your life/ For one more breakduwn?“ Klar doch. Die Dämonen stehen schon bereit. Am Ende läuft alles wieder auf „Fuck you/ Fuck you/ And fuck you too“ hinaus, doch im abschließenden Titelsong relativiert sich das: „Eat me, drink me/ This is only a game.“ Inzwischen hat es sich Manson im Aschenbecher bequem gemacht, er hat seine Trümpfe ausgespielt.

Schwarz auf weiß klingt das alles albern, aber als Horrorstück hören sich die kunstvoll hingespuckten Verse überraschend unterhaltsam an. Vielleicht war Marilyn Manson, der hier selbstverständlich sein „persönlichstes Album“ aufnehmen wollte, nie näher an Alice Cooper als heute. Und das ist natürlich ein Kompliment.

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