Rastlose Geister

Nick Cave und Warren Ellis von Grinderman über Veränderungen

Die musikalische Partnerschaft zwischen Nick Cave und Warren Ellis ist eine der produktivsten unserer Tage. Sukzessive hat Ellis in den letzten Jahren die Rolle des musikalischen Leiters der Bad Seeds übernommen. Doch auch abseits des Hauptunternehmens kooperieren die Musiker auf allen Ebenen. Nicht zuletzt gemeinsam mit Martyn P. Casey und Jim Sclavunos bei Grinderman, deren zweites Album, schlicht „Grinderman 2“ betitelt, in diesen Tagen erscheint. Ein Gespräch mit Cave und Ellis in Berlin.

Nick Cave, hört man Songs des neuen Grinderman-Albums wie „Heathen Child“, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, Sie betrachteten Frauen als die Wurzel allen Übels. Ist das so?

Nick Cave: Keineswegs. Ich finde nicht, dass irgendeine meiner Platten so eine Deutung zulässt.

Zumindest manifestiert sich in manchen Texten ein, sagen wir: spezielles Frauenbild.

Cave: Auf perverse Weise versuche ich mich der weiblichen Gefühlswelt zu nähern. Gott, wie schrecklich das klingt! (lacht) Sagen wir so: „Heathen Child“ ist zwar voyeuristisch. Aus der Obsession des Autors entwickelt sich aber eine Perspektive, in der er mit der Frau und deren Erlebniswelt verschmilzt.

Und am Ende siegt dann die Liebe, wie in „Palaces Of Montezuma“?

Cave: Ich wüsste gar nicht, worüber ich sonst schreiben sollte. Es geht immer um die Liebe – oder die Abwesenheit derselben. Gerade als Künstler im Wandel sollte man sich in den wesentlichen Punkten treu bleiben, um Authentizität zu wahren.

Stichwort Wandel: Sie beide scheinen es geschafft zu haben, sich eine musikalische Neugierde zu erhalten, die viele Musiker mit den Jahren verlieren.

Warren Ellis: Die meisten Gespräche, die wir heute über Musik führen, hätten wir früher genauso führen können. Die gleiche Begeisterung und Hingabe. Die Tatsache, dass wir uns das erhalten haben, erlaubt uns eine Weiterentwicklung als Musiker.

Aber gibt es dafür eine Art Rezept?

Cave: Ich glaube, es liegt an der Vielseitigkeit meiner Arbeit, so ist es zumindest für mich als Autor. Die verschienen Textformen – Bücher, Liedtexte, Drehbücher – halten die Sache frisch. Wenn ich mein Leben lang nichts Anderes gemacht hätte als die Bad Seeds, glaube ich nicht, dass die Band heute noch existieren würde. Die Bad Seeds hatten zwischendurch etwas Formelhaftes. Ich glaube, dass Blixa uns deswegen verlassen hat. Danach musste ich versuchen, einen anderen Weg zu finden. Nicht um mehr Erfolg zu haben, sondern um die Band frisch zu halten. Also übernahm Warren mehr Verantwortung, wir arbeiteten an einer Reihe von Soundtracks, ich schrieb Drehbücher, wir starteten Grinderman – all diese Dinge hatten eine positive Rückkopplung auf die Bad Seeds.

Nach Blixa Bargeld hat inzwischen mit Mick Harvey der zweite prägende Mann der frühen Jahre die Band verlassen …

Cave: Was war nur mit Mick? Ich versuche, mich zu erinnern … Auf einer gewissen Ebene war es ähnlich wie bei Blixa. Er hat gefühlt, dass die Bad Seeds ihm nichts mehr geben konnten und er den Bad Seeds nicht. Blixa und Mick gehören einer speziellen Musiker-Spezies an: Keiner von ihnen würde an einem Projekt festhalten, das ihn auf musikalischer Ebene nicht mehr befriedigt.

Sie haben einige Jahre hier gewohnt. Wie viel hat das Berlin von heute noch mit dem der 80er-Jahre zu tun?

Cave: Leider habe ich nie Zeit, wenn ich hier bin. Immer geht’s gleich ins Hotel, auf die Bühne und wieder weg. Dabei würde ich wahnsinnig gerne mal wieder ein paar Tage mehr hier verbringen. Man hört viel so Gutes über Berlin. Und einige meiner alten Freunde sind immer noch hier, Blixa, Christoph Dreher … Das sollte ich wirklich mal machen.

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