Auferstanden aus Ruinen

Nach dem Ende der DDR verschwanden auch viele ihrer Bands. 20 Jahre später zeigt sich: Einige von ihnen leben noch, andere wieder.

„Ich such die DDR… und keiner weiß, wo sie ist.“ Diese Zeile krähten Feeling B 1991. Nun sind 20 Jahre seit dem Mauerfall vergangen, eine lange Zeit. Was ist aus all den Bands und Musikern der DDR geworden? Denn mit der Wende war für Ostbands plötzlich alles komplett anders und neu. Für die Rock-Dinosaurier wie Karat, Puhdys, City usw. lief es 1988/89 schon nicht mehr gut, sie traten kaum noch auf, die Plattenumsätze sanken drastisch. Erfolgreicher waren die etwas ehrlicheren Bands wie Silly, Pankow oder Rockhaus. Aber all diese Musiker verfügten bereits über Reisepässe gen Westen und waren des Staats-Sozialismus müde.

Sehr viel vitaler agierten da die sogenannten „anderen Bands“. Combos wie Die Art, Die Vision, Die Skeptiker, Die Anderen, Feeling B, Sandow, AG. Geige oder Herbst in Peking füllten nun Säle und Open-Airs. Sie boten moderne, aktuelle Sounds und hatten sich längst von der üblichen „liedhaften Rockmusik“ verabschiedet. Nach dem Mauerfall 1989 versuchten fast alle Bands ihr Glück bei Plattenfirmen im Westen, einige veröffentlichten nun bei kleinen Labels wie Rough Trade, EfA, SPV oder Zensor. Anfangs lief das auch ganz gut, die famosen Leipziger Die Art, die lustigen Feeling B oder die forschen Skeptiker verkauften ganz passabel.

Aber: Die Bands mussten sich nun dem internationalen Wettbewerb stellen. Zwar liefen erste Konzerte im Westen verheißungsvoll, die Zeit aber blieb nicht stehen. Techno begann seinen Siegeszug, Grunge explodierte, Nirvana und Pearl Jam rockten die Welt. „Flake“ Lorenz von Feeling B stellte ernüchtert fest: „Bald nach der Wende merkten wir, dass wir mit Feeling B im Westen nie richtig Fuß fassen werden. Wir feierten im Westen nicht die Erfolge wie im Osten. Für uns war klar, dass wir wohl immer nur im Osten vor uns hin krepeln würden.“ Also wurde Feeling B zu den Akten gelegt und mit Musikerfreunden die heute weltweit erfolgreichen Rammstein gegründet. Das Problem der Ostkapellen war meist, das man Plattenläden und Journalisten, vor allem in SOUNDS, dem führenden Musikblatt. Die Szenen der Headshops, der Stadt sie auf ihre internationalen Vorbilder zurückführen konnte (z. B. New Order, The Smiths, Cure usw.). Nun konnten sich die Fans aber gleich die Originale anschauen, niemand brauchte mehr noch so gut gemachte Kopien.

Interessanterweise kam es auch zu keiner Zusammenarbeit zwischen Ost- und West-Bands. Zudem wussten die DDR-Musiker wenig über Marktstrukturen oder das Musikgeschäft, viele wurden über den Tisch gezogen. Die großen DDR-Bands lösten sich fast alle erst einmal auf, denn Markt und Meute signalisierten deutlich: Es bestand keinerlei Interesse mehr an ihnen.

Aber wie internationale Größen vom Schlage The Police, Sex Pistols oder andere, wagten auch die Ostbands inzwischen ein Comeback. Amiga, nun unter dem Dach von Sony Music, recycelte gut gehende Best-Of-Scheiben, das Publikum zeigte wieder Interesse, sehnte sich offenbar nach dem Soundtrack der eigenen Jugend. Heute sind sie fast alle wieder da: Bei Silly singt nun Anna Loos, bei Karat Herbert Dreilichs Sohn Claudius. Die Puhdys werden wirklich „Alt wie ein Baum“, und City singen immer noch „Am Fenster“. Die Art, Sandow oder Die Skeptiker sind zurück mit neuen Platten und Tourneen durch den Osten. Seltsam allerdings, dass dort eben immer wieder vehement die 20 Jahre alten Ost-Hits eingefordert werden, die durchaus guten neuen Songs es hingegen schwer haben. Selbst junge Leute im Publikum kennen und fordern die alten Lieder.

Auch die großen alten Bands feiern wieder Erfolge, besonders bei den jährlichen, ausverkauften Ostrock-Classics-Open-Airs vor 25.000 Fans in Berlin. Da ist man wieder schön unter sich. Andere Vertreter der alten Szene haben sich längst in die neue Zeit transformiert, wie eben Rammstein, Knorkator, Tarwater oder Rummelsnuff. Und natürlich sind neue, junge Bands aus dem Osten nachgewachsen, Tokio Hotel aus Magdeburg oder Silbermond aus Bautzen. Sie feiern gesamtdeutsche Erfolge. Und kennen die DDR nur noch vom Hörensagen.

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