Ketil Björnstad – Der Fluß

Dass Ketil Björnstad ein fabelhafter Jazzpianist ist, ist hinreichend bekannt. Dass der Norweger aber obendrein seit geraumer Zeit Romane schreibt, die zum Besten zählen, was die norwegische Literatur dieser Jahre zu bieten hat, scheinen nur Wenige zu wissen. Ein Umstand, der sich nun mit dem Erscheinen seines neuen Romans „Der Fluß“ ändern könnte. Denn das Buch, eine Art Fortsetzung des nicht minder gelungenen „Vindings Spiel“ von 2006, wuchert mit Figuren, deren plastische Schilderung Staunen macht. Dazu kommt ein Plot, dessen filmische Dichte mal an die Arbeiten Truffauts, mal an den literarischen Existenzialismus Camus‘ denken lässt. Björnstad, dem schon mit Büchern wie „Erlings Fall“ und „Der Tanz des Lebens“ Kunststücke von metaphysischer Radikalität und Wucht gelangen, scheint diesmal mit weit geöffnetem Visier scheinbar unerschrocken an den Rückseiten „Dieses Buch steckt mir noch immer wie kein anderer meiner Romane in den Knochen“, bekennt er. „Denn wohl nie zuvor habe ich mich derart nah an meine eigene Geschichte herangewagt.“

Entrollt wird die Geschichte des jungen, begabten Aksel Vinding, der im Norwegen der 70er Jahre von einer Karriere als Konzertpianist träumt, und dabei überaus schmerzhaft erfahren muss, welchen Preis man dafür mitunter zu bezahlen hat. Nachdem bereits seine Jugendliebe Anja Skoog bei dem Versuch, sich als Pianistin zu verwirklichen, magersüchtig auf der Strecke geblieben ist, erzählt „Der Fluß“ die ebenso berührende wie erschütternde Liebesgeschichte zwischen Aksel und Marianne Skoog, der Mutter seiner verstorbenen Jugendliebe. Doch was für Aksel als Versuch einer Neuwerdung beginnt, steigert sich zu einer Geschichte von alttestamentarischer Wucht, in der es keine Sieger gibt. Die Art, wie es Björnstad dabei vermag, die Liebe der beiden Protagonisten zu schildern, ist schlicht grandios und wohl ziemlich einzigartig. „Der Fluß“ ist ein betörendes Hohelied auf die Musik – verdichtet zum faszinierenden und zuletzt erschütternden Porträt eines Künstlers als junger Mann, der zerrieben wird zwischen dem Wunsch nach Normalität und der eigenen Besessenheit. (22,80 Euro)

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