Band zu vermieten

Es ist „Superdienstag in Athens, Georgia. Patterson Hoods Stimme für Barack Obama ist längst in der Urne. „Ich musste 30 Minuten Schlange stehen. Vor einer Woche! Die Menschen wollen einfach den Wechsel, sogar viele Ex-Bush-Wähler.“

Hood sitzt auf halbgepackten Gitarren-Koffern für die US-Tournee der Drive-By Truckers, die in wenigen Tagen beginnt. Es gilt, der stetig wachsenden Fangemeinde das neue Album „Brighter Than Creation’s Darb zu präsentieren. Außerdem soll der Klingelbeutel gefüllt werden für den nächsten Europa-Abstecher – aus Geldmangel gerade mal wieder verschoben. Dabei hätten die „künstlerischen Neffen von Lynyrd Skynyrd“ (so der US-ROLLING STONE) durchaus was gutzumachen!

„Glückwunsch, dass du da warst!“ Patterson Hood grinst. Das von mir angesprochene Konzert in Hamburg vor fünf Jahren sei eine ihrer schlechtesten Shows überhaupt gewesen von geschätzt 1200 in den letzten zehn Jahren immerhin. Hood rekapituliert das absolute Chaos in einer Band, die „völlig durch war“. Wenige Tage nach Hamburg reichte Bassist Earl Hicks seinen Abschied ein.

Seitdem hat sich das Personalkarussell der Drive-By Truckers munter weitergedreht. „Das ist so wie bei Tom Petty, der ja auch irgendwann den alten Heartbreakers-Bassisten zurückbekam“, zieht Hood einen Vergleich zur Rückkehr von Pedal-Steel-Gitarrist John Neff.

Der Ausstieg des ambitiomerten Songschreibers Jason Isbell habe indes bereits beim letzten Album, „A Blessing And A Curse“, in der Luft gelegen. „Er hatte getan, was er für die Band tun konnte, und musste jetzt sein eigenes Ding machen.“ Und: „Wir haben ja diese komische Demokratie in der Band, und Jason hatte die Abstimmungen zuletzt oft verloren.“

Das Herz der Truckers sind ohnehin Hood, der über neue Songs „Szene für Szene wie über einen Film“ nachdenkt, und Mike Cooley. Seit 1985 – damals noch mit Adam’s House Cats – machen sie gemeinsame Sache und müssen als unabhängig voneinander agierendes Songwritergespann zwischen wohldosiertem Sentiment, präziser Beobachtungsgabe und coolem Rotz selbst große Vergleiche nicht scheuen.

Den visuellen Rahmen liefert derweil nach wie vor der altgediente Band-Designer Wes Freed. Mit seinen surrealen Rock‘ n ‚Roll-Cover-Comics hat er für die Truckers eine optische Hausnummer kreiert – wie es derart prägend sonst bisher wohl nur Neon Park für eine andere große US-Band, nämlich Little Feat, gelungen ist. „Sobald wir die ersten Demos aufgenommen haben, schicken wir sie gleich an Wes“, beschreibt Hood das übliche Procedere „Und wenn das Album dann fertig ist, liegt auch sein Artwork vor, denn Wes hat parallel die neuen Songs gehört und fleißig gezeichnet. Mir gefällt die Kontinuität in unserer Zusammenarbeit.“

Einigen Songs für „Brighter…“ halfen die Drive-By Truckers auf ihrer „The Dirt Underneath“-Akustik-Tour an der US-Westküste auf die Beine. Zudem debütierten sie 2007 als Session-Band. Das wollte Patterson Hood als Sohn einer Studiomusiker-Legende — David Hood spielte als Bassist der großen Muscle Shoals-Rhythm Section für Größen von Aretha Franklin bis Willie Nelson – schon immer mal machen.

Allerdings sollte man sich tunlichst überlegen, mit wem man ein derartiges Vorhaben umsetzt: Die Platte „The Scene Of The Crime“ für Bettye Lavette sei zwar toll geworden, aber ansonsten erwies sich die Old-School-Soulerin als schwierige Klientin: „Sie traute uns nicht über den Weg, und es kümmerte sie einen Dreck, wer wir sind. Sie sagte zu mir: .Wenn du glaubst, du kannst meine Stimme unter euren gottverdammten Gitarren begraben, dann mach dich auf was gefasst!'“ So habe es lange gebraucht, ein bisschen Vertrauen aufzubauen.

Trotz der zwiespältigen Erfahrung könnte Hood sich durchaus einen zweiten Einsatz als Backing Band vorstellen – wenn der richtige Frontmann käme. „Eine Country-Platte mit Merle Haggard, wäre toll! Oder Tom T. Hall! Holt ihn aus der Rente, und wir stehen bereit.“

Es wurde dann übrigens auch in eigener Sache noch ein Superdienstag für die Truckers: Das neue Album stieg in die US-Top 40 ein — eine Premiere!

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