Big Day Out-Festival – Sidney

Beim "Big Day Out"-Festival begeisterte der heitere Themenabend "Deutsche Gemütlichkeit"

Is this Oktoberfest or what? Maßkrugstemmen, Biergurgeln und „Heide the Sausage“ – manch deutscher Rucksacktourist dürfte sich beim australischen „Big Day Out“-Festival unerwartet zu Hause gefühlt haben. Denn während auf den Hauptbühnen Bands wie The Strokes, Jet, The Darkness, Kings Of Leon und Metallica zum Höhepunkt des australischen Festival-Sommers auftraten, stand auf der Chaos-Comedy-Bühne „Lilypad“ alles unter dem Motto „German Gemütlichkeit“.

Zwischen Kuckucksuhren, Gartenzwergen und Zinnkrügen war man sich dort für kein Oktoberfest-Klischee zu schade: Die in Lederhosen gequetschten Protagonisten jodelten, tanzten und räuberten sich bierbeseelt durch alpenländisches Lied- und Kulturgut. „Das Ekligste, was ich je gesehen habe, war Helmut Kohl beim Weißwurstessen“, gibt „Lilypad“-Macher Heavy G – der vor einigen Jahren mal auf dem Oktoberfest gekellnert hat – zu Protokoll. „Wir können machen, was wir wollen, da kommen wir nicht ran.“ Einen Versuch war’s trotzdem wert mit massenhaft ins Publikum geworfenen Weißwürsten nebst hinterhergespritztem Senf kann man auch eine schöne Sauerei veranstalten.

Highlight der Show: Christa Hughes alias „Heide the Sausage“ von der australischen Band Machine Gun Fellatio bat mit strengem deutschen Akzent („I’m a fitness frrrreak“) zur Nackt-Aerobic und rekrutierte mit NS-Mütze die Anwesenden für ihr Unterleibs-Trainingsprogramm „Mein Cunts“. Immerhin fünf Australierinnen trauten sich und tanzten barbusig zu deutschen Schlagern. „Letztes Jahr hatten wir Japan als Schwerpunkt, mit Nackt-Sumoringern und Karaoke“, lallt Heavy G in gebrochenem Deutsch, „aber die wacky aspects of deutsche Kultur sind doch einfach unschlagbar, oder?“

Das selbsternannte Ziel der „Lilypad“-Hanswurste war hingegen weniger kulturell geprägt: „Wir wollen einen Gang-Bang mit Peaches!“ Damit standen sie nicht allein, denn Peaches machte bei ihrer Show auf der „Hothouse Stage“ dem Namen der Bühne alle Ehre. Ihre Einladung „Shake yer dicks!“ nahmen zumindest in den hinteren Reihen einige Freunde freier Körperkultur gerne an. Begleitet von bärtigen Tänzerinnen mit rosafarbenen Plastikdildos elektroclashte sich die Meisterin der emanzipiert unrasierten Achselhöhle durch ein gelungenes Set zwischen sexy Feminismus und geschwungenem Tanzbein.

Ähnlich unterhaltsam wirkte die Klischee-Keule von The Darkness am frühen Nachmittag: Hauptbühne, 14 Uhr, picknickendes Publikum. Das ist Pflicht, keine Kür. Die Rockstar-Posen saßen trotzdem perfekt wie Leoparden-Leggins.

The Mars Volta zogen nicht nur dem Publikum den Boden der musikalischen Nachvollziehbarkeit unter den Füßen weg – neben der Bühne wippte Lars Ulrich zum Latino-Massaker-Takt der grandiosen Musikakrobaten. Nach dem ersten Song suchte Herr Ulrich allerdings kopfschüttelnd das Weite begeistert, gelangweilt oder überfordert?

Die Strokes glänzten eher durch die tapsige Direkheit von Julian Casablancas (,“The End Has No End?‘ I don’t wanna play that shit!“) als durch gewohnte Brillanz. Trotzdem wirkten sie allemal sympathischer als die fast schon konservative, pyrotechnisch aufgemöbelte Stadion-Rock-Perfektion von Metallica. Überfordert wenigstens niemanden.

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