Can – Spoon

Ein elektronischer Beat pluckert, seltsam orientalische Orgelklänge kommen und gehen, Jaki Liebezeit trommelt vertrackt und Damo Suzuki haucht mehr, als dass er singt. Schließlich gipfelt alles in einen Refrain, der einer Mixtur aus Worksong und sakralem Kanon gleicht. Sehr melodisch ist das, beinahe sanft, aber auch ziemlich eigenwillig und mit einem deutlich bedrohlichen Unterton gesegnet. Eine Textur also, die nicht zwangsläufig der Stoff ist, aus dem die Hitparadenträume sind. Zwar war Experimentierfreude Anfang der siebziger Jahre entgegen mancher Behauptungen auch nicht gerade erste Bürgerpflicht, ein größeres Hindernis auf dem Weg zum Erfolg stellte sie damals allerdings auch nicht dar. Dass es „Spoon“ 1972 auf Platz 8 der deutschen Singles-Charts schaffte, lag natürlich auch daran, dass der Song Ende 1971 ein Millionenpublikum erreichte: als Soundtrack des erfolgreichen TV-Krimis „Das Messer„. Can hatten zwar schon vorher grandiose (Film)musik aufgenommen, doch „Spoon“ war für die Kölner Untergrundkapelle der Katalysator, der ihren Bekanntheitsgrad drastisch steigerte. Was an dem illustren Stück noch heute fasziniert, ist seine Zeitlosigkeit: „Spoon“ könnte auch von 1981 stammen, von 1991 oder 2001. Die Sounds sind zwar „vintage“, entsprechen damit aber genau dem Retro-Trend der vergangenen zehn, 15 Jahre. Abseits solcher Äußerlichkeiten ist es jedoch der Song an sich, der diese eigenartige Magie versprüht: seine Konstruktion, sein Arrangement, sein emotionaler Ausdruck. „Spoon“ ist Avantgarde. „Spoon“ ist aber auch Pop. Und ganz sicher ist „Spoon“ völlig anders als das, was gemeinhin auf Platz 8 der Singles-Charts steht, sei es in Deutschland oder anderswo, sei es 1972 oder heute.

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