Darf man das? „Four Lions“, die wohl erste „Jihadist Comedy“, kommt ins Kino

"Four Lions" von Regisseur und Drehbuchautor Chris Morris ist eine Komödie über vier junge Männer, die unter der Fahne des Heiligen Krieges ein Attentat in London verüben wollen.

Ein Horrorszenario: Vier junge Männer aus Sheffield planen im Sinne des Dschihads eine Reihe von Selbstmordattentaten während des Marathons in London. Man stelle sich vor, ein Hollywood-Regisseur hätte sich dieses Themas angenommen. Das Ergebnis wäre vermutlich ein patriotischer, nervenkitzelnder, actionreicher Thriller gewesen, bei dem die Attentäter bösartig dreinschauende Bartträger gewesen wären, die nicht mal eine Filmsekunde lang hätten lächeln dürfen. Natürlich wäre das Attentat in letzter Minute vereitelt worden, vermutlich von einem schneidigen britischen Streifenpolizisten, der von Anfang an eine böse Vorahnung hatte, dem aber niemand glaubte, und einem doppelt so schneidigen US-Geheimdienstler, der schon länger an dem Fall dran ist, seinen Vorgesetzten aber nicht richtig vermitteln konnte, wie gefährlich das alles denn nun wirklich ist. Also muss er alleine ran…

Das alles ist natürlich eine überspitzte Spekulation, aber es konnte wohl wirklich nur einem britischen Regisseur einfallen, eine Komödie über dieses Thema zu machen. Wobei die Berufsbezeichnung „Regisseur“ bei Chris Morris ein wenig zu kurz greift: Morris ist in England nämlich auch als Autor, Radiomoderator, DJ, Fernsehcomedian und Schauspieler in Erscheinung getreten. Da er in allen Erscheinungen für seine bissige Satire geschätzt wurde, nennt man ihn vielleicht am besten einfach Satiriker. Tabubrüche waren dabei schon immer sein Metier. So griff er z. B. in seiner TV-Show „Jam“ in kurzen Clips gar Themen wie Vergewaltigung, Pädophilie, Selbstmord und Inzest auf, während dazu – fast ein Markenzeichen der Sendung – verstörend einlullende New-Wave-Klänge im Hintergrund waberten.

Morris ist also der richtige Kandidat für einen Film, der vor allem wieder die Frage aufwirft: „Darf man das?“ Seine Antwort – oder eine davon: „Die Antwort bleibt jedem selbst überlassen. Niemand wird dazu gezwungen, eine Komödie über dieses Thema zu schauen. Mein Film sagt nicht, dass Töten lustig ist. Aber er sagt: Lachen ist besser als Töten. Ich glaube wir haben die richtigen Witze gefunden, die zeigen, was alles schief gehen kann, wenn eine kleine Gruppe ein Attentat wie dieses planen will – und sich dabei nicht sehr geschickt anstellt.“

Die ersten Kritiken über „Four Lions“ fielen damals durchaus positiv aus. Egal ob Daily Telegraph, Times, Esquire oder Empire – sie alle konstatierten, der Film sei „funny“. Und fast allen Kritiken war gemein, dass die Rezensenten sich nicht gegen die gelungenen Witze wehren konnten und oft laut auflachen mussten – auch wenn man sich dabei erst ein wenig unwohl fühlt. Der Trailer und die Clips lassen in der Tat hoffen, dass der Film trotz seines Themas als Komödie funktioniert. Vor allem weil der Film scheinbar den Balance-Akt schafft, die Täter nicht nur als Volltrottel durch den Kakao zu ziehen, sondern überspitzt aufzuzeigen, was für einer Spinnerei sie da anhängen. Morris sagt, er wolle dieses stets zu Überreizungen und Paranoia führende Thema mit seinem Film ein wenig entschärfen.

Es bleibt dabei: Ob man über dieses Thema nun lachen darf oder will oder nicht, muss jeder für sich entscheiden. Die Aufregung des Altöttinger CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer erscheint jedoch geradezu lächerlich. Er hatte sich Anfang des Jahres auf spiegel.de echauffiert: „Ich glaube, dass es sehr gefährlich sein könnte, diesen Film jetzt in deutschen Kinos zu zeigen. Es könnte Öl ins Feuer gegossen werden.“ Aus unserer Perspektive erscheint diese Äußerung ein wenig paranoid, denn – wie das britische Kulturmagazin Word vom Produzenten Mark Herbert erfuhr: Die ersten Regionen, die die Austrahlungsrechte erwarben waren Israel und der Nahe Osten. Kein Witz.

Hier geht’s zur offiziellen Filmwebsite www.four-lions.co.uk.

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