Der Beatles-Vertraute Klaus Voormann erinnert sich an ein bewegtes Leben

Er ist kein Romancier. Das Wort, zumal das geschriebene, ist sein Metier nicht. Und eine Katja Kessler, die seine Geschichte(n) servieren könnte, stand ihm – glücklicherweise – auch nicht bei. Aber er ist Zeuge, Augen-, Ohren-, Seelenzeuge, vielleicht der Einzige, der alles aus nächster Nähe mitbekommen hat. Also hat er jede Menge zu erzählen.

Etwa wie das damals war, vor mehr als 40 Jahren, auf der Reeperbahn. Man kann es sich eigentlich nur noch in Schwarzweiß vorstellen. Vier junge Burschen, gerade aus dieser nordenglischen Hafenstadt gekommen, gekleidet in schwarzes Leder, spielen in einer Kellerkaschemme ihren rauen Rock’n’Roll. Das Publikum: ein paar Nutten vielleicht. Luden, Kiezgänger. Oder wie es dann ein paar Jahre später aussah, hinter den Kulissen der Beatlemania, alsjohn, Paul, George und Ringo zunächst noch freudig Privilegien und Parties mitnehmen. Wie später langsam Paranoia ins Spiel kommt.

Klaus Voormann ist der wohl wichtigste Beitrag, den Deutschland zu diesen klassischen Tagen der Rockgeschichte leistete. Heute lebt der gelernte Grafiker am Starnberger See. Nicht in einer protzigen Villa, nein. Voormann, ein feingliedriger, 65-jähriger Herr mit schlohweißem Haar und leiser Stimme, war nie ein Lautsprecher und Absahner. Vielleicht auch deshalb gehört er bis heute zu den Vertrauten der Fab Four, blieb bis zuletzt einer der engsten Freunde von George Harrison.Jetzt hat der Mann, der als einziger Künstler je einen Grammy als Grafiker und einen als Musiker einheimste (für das „Revolrer“-Cover und für seine Mitwirkung beim „Bangla Desh“Konzert), seine Erinnerungen zu Papier gebracht.

In „Warum spielst du Imagine nicht auf dem weißen Klavier, John?“ (Heyne, 24 Euro) erzählt er von den Stationen dieses Lebens: von den großbürgerlichen Wurzeln im Vorkriegs-Berlin, der Exi-Boheme der späten 50er, dem Swinging London der 60er, seiner Karriere als Studiomusiker im Los Angeles der 70er Jahre bis hin zur Rückkehr nach Deutschland als Gelegenheitsproduzent und dem desillusionierten Ausstieg aus dem Musikgeschäft zu Beginn der 90er.

Voormanns Intention war es nicht, eine umfassende Chronik zu liefern: „Ich wollte einfach nur aufschreiben, woran ich mich erinnere – viele kleine Geschichten, keine zeitlich korrekt geordnete Biografie. Und richtig zu stellen gibt es ja im Grunde auch nichts.“ Also versucht er gar nicht erst, der Beatles-Saga neue Aspekte anzufügen. Er bleibt der unauffällig im Hintergrund verharrende Beobachter, seine Position ist die des Freundes mit subjektiver Perspektive. Er geht mit Ringo in Clubs, spielt Bass für John, urlaubt mit George, seinem liebsten Beatle.

Nebenbei erklärt das Buch, warum Voonnann stets nur in der zweiten Reihe blieb. Immer wieder kommt es in seiner Biografie zu Schlüsselmomenten. in denen er, seinem Naturell entsprechend, den Schritt in die nächsthöhere Dimension verweigert. So versucht er sich nie ernsthaft als Komponist, obwohl sein einziger Song, „So Far“, von Freund George geradezu euphorisch aufgenommen wird. Oder: Anfang der 70er Jahre bittet ihn Carly Simon, ihr nächstes Album zu produzieren – er kneift, aus Angst vor Druck und Verantwortung.

So ist Voormanns Buch unterm Strich nichts für ein sensationshungriges Publikum, eher für die, die verstehen wollen, welch entscheidende Rolle solch simple Werte wie Freundschaft und Respekt im Leben der Protagonisten gespielt haben. Voormann bescherte diese Freundschaft ein Leben reich an Höhepunkten wie an bitteren Enttäuschungen. Von all dem erzählt er hier, stellenweise vielleicht ein wenig unbeholfen, nicht immer von blendender Eloquenz und ganz sicher ohne jeden analytischen oder gar investigativen Ansatz. Aber in jeder einzelnen Zeile uneitel und ehrlich.

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