Der Klang der ungesagten Worte

Die Kölner Band Erdmobel spielt nun in ihren zauberhaften schlanken Popsongs mit dem Zauber des Unaussprechlichen

Wenn man einen Songwriter einen „Geschichtenerzähler“ nennt, welche Rolle spielt da eigentlich die Musik? Ist es nötig, zu hören, was er um seine Worte herum auf dem Piano oder auf der Gitarre spielt, um die Bedeutung seiner Songs zu erfassen? Eigentlich nicht, oder? Es ist die hohe Schule der Popmusik, die eine Geschichte mit einfachen Worten und emphatischen Melodien und Arrangements erzählt. Es sind etwa Songs von Burt Bacharach oder Henri Mancini, die einem allein dadurch, wie sie klingen, eine Ahnung vermitteln, worum es da denn gehen könnte. Weit bevor man sich dann mit den Texten befaßt.

Auf dem neuen Album der Erdmöbel gibt es jeweils eine Coverversion der oben genannten Großmeister. Ekimas, Arrangeur, Produzent und instrumentaler Alleskönner der Band, fand die Arbeit an diesen Songs besonders spannend: „Hier war das, was wir sonst erzeugen müssen, schon vorgegeben. Daß man hören kann und einfach nur fühlt, ‚worum es in den Songs jeweils geht.“ „Das war speziell bei Mancinis ,Nothing To Lose‘ eine sehr interessante Erfahrung“, pflichtet Texter und Sänger Markus Berges ihm bei. „Ich hatte nur eine ungefähre Ahnung, wovon der Text eigentlich handelt. Aber im Grunde genommen war das egal, denn es geht bei uns ja sowieso immer auch um das Unaussprechliche.“

Und das sagt jemand, der eigentlich als klassischer Storyteller anfing, dessen Texte bevölkert waren von skurrilen Charakteren und genau beobachteten Erfahrungen. Von der Geschichte zur flirrenden Assoziation, vom, sagen wir mal: Folkrock, zum klassischen Pop. „Für uns ist es sowohl textlich als. auch musikalisch wichtig, zu schauen: Was kann man alles weglassen, und inwiefern wird die Emotionalität dadurch stärker?“, erklärt Berges die Arbeitsweise der Erdmöbel. „Das kann man mit ’nem Film vergleichen, der gut geschnitten ist“, nimmt Ekimas den Faden auf (die beiden sind nicht nur musikalisch gut eingespielt, auch wenn sie nicht immer der gleichen Meinung sind). „Erst kürzlich habe ich wieder einen Film im Fernsehen gesehen, bei dem ich dachte: Ach, das ist doch angenehm, daß nicht noch fünf Minuten gezeigt wird, was man eh schon längst weiß.“ – „Mir geht’s aber oft genau umgekehrt bei Filmen“, wirft Berges ein. „Daß ich irgendwie denke: Warum jetzt der Schnitt genau an der Stelle kommt, wo man sich fragt, was die jetzt wohl sagen, nach dem Kuß.“

Aber das ist nicht unbedingt ein Widerspruch, denn es sind solche Momente, in denen die Filmhandlung längst an einem anderen Ort ist und nur ein Regisseur wie John Cassavetes dranbleibt, kurz auf close ups der Gesichter seiner Figuren schneidet und so das Unaussprechliche festhält, die die Erdmöbel auf „Für die nicht wissen wie“ so wundervoll festhalten.

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