Der Songschreiber Lou Reed spielt mit der schwarzen Romantik des Dichters Edgar Allen Poe

Bei allen Meriten für Velvet Underground ist Lou Reeds umfängliches Werk sonderbar unerforscht und ungelobt geblieben. Doch relativ pünktlich alle zwei, auch mal drei Jahre liefert der grimmige Songschreiber seine Platten ab, die mal als willkommene Wiederkehr, mal als verquaste Anstrengung begrüßt werden. Sogar das einhellige Lob für „New York“ ließ Reed nicht zum Liebling avancieren. Die „Songs For Drella“, bei denen John Cale wieder einmal nicht viel zu sagen hatte und Reed auch noch devot dafür dankte, und die sperrigen, überlangen Alben danach wurden eher gefürchtet als gehört.

So geschah es auch mit „The Raven“, einer Edgar-Allen-Poe-Inszenierung, die unlängst in zwei Akten erschien, deren erster („The Play“) mit länglichen Rezitationen die Grenze zum Hörbuch überschreitet. Der zweite Akt mit immerhin 21 Stücken bildet eine eigene CD für den weniger literaturversessenen Hörer, und hier, ohne das salbungsvolle Deklamieren von Willem Dafoe und anderen, gelingt Reed durchaus Rock’n’Roll zu so etwas Schaurigem wie „The Tell-Tale Heart“. Wenn die schneidende Gitarre des Sound-Fetischisten zerrt und mäandert, befinden wir uns schnell wieder in Onkel Lous Welt, die New York sehr ähnlich sieht und in die jäh Momente der Schönheit einbrechen. Momente wie „Coney Island Baby“, „Perfect Day“, „Last Great American Whale“ und „New York City Man“, deren lässiger, lakonischer Gestus nicht kaschieren kann, dass in Lou Reeds Brust ein sentimentales Herz schlägt.

„The Raven“ ist schwarze Romantik, und wahrscheinlich hätte sich kein Rocker außer Reed an Poe herangewagt.

Mit Saxofon, Cello und Chuzpe nähert er sich den Texten. Und die Präzisionskünstler Mike Rathke, Fernando Saunders und Jane Scarpantoni versprechen einen großen Abend.

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