Die gute alte Zeit reanimiert

Die vier jungen Norweger von MADRUGADA setzen erfolgreich und gekonnt auf Retro - geiler Lärm, grelles Licht: Rock'n'Roll!

Es gibt kein Bier auf Hawaii und in Sandefjord-Strömstad auch nicht Es hat Jugendliche unter 18 im Saal, da bleiben die norwegischen Behörden unnachgiebig. Rauschmittel sind trotzdem erlaubt. An diesem Abend heißen sie Sivert und Jon, Robert und Frode, stehen in schummrigem Blau und Rot auf der Bühne und lassen ihre Landsleute an der guten alten Zeit schnuppern. Als man Gitarren noch quälen durfte, bis sie jammerten, als Schlagwerke noch den schleppenden Gang pflegten und Sänger noch so hießen, weil sie tatsächlich singen konnten. Als die Lightshow-Kanonaden so hinter die Pupillen knallten, bis einem schwindelig wurde, kurzum: als man sich an den Rock’n’Roll nicht erst mühsam erinnern musste.

Zwei Stunden später taumeln dreihundert Nüchterne in die kalte Nacht und grinsen, als hätten sie einen Schatz entdeckt, aber würden ganz sicher keinem etwas davon sagen. Tun sie natürlich doch, und daher ist den vier Twens von Madrugada unlängst mit ihrem Erstling „Industrial Silence“ der nie dagewesene Coup geglückt, als nationaler Act auf Platz 1 der norwegischen Charts einzusteigen. „Keine Promotion hätte uns dorthin gebracht“, glaubt Drummer Jon, „und darum touren wir seit Monaten unermüdlich durchs Land. Wie in der guten alten Zeit“

Da haben wir sie ja wieder. Und weil im Heimatort der vier, „da wo sowieso alle relevanten Bands des Landes herkommen“, wie Sänger Sivert einwirft, nicht 50 viele Talent-Scouts herumlaufen, war den Jungs gar das seltene Gut „Zeit“ hold. „Nachdem wir eines magischen Abends zu Blutsbrüdern geworden waren“, ergänzt Gitarrist Robert die lange Liste der Mythen, „haben wir angefangen, Songs zu schreiben.“ Die Plattensammlung stets im Rücken. An Abende mit Leonard Cohen und Gun Club, mit Tom Waits, Nick Cave „und vor allem und immer wieder den Doors“ erinnert man sich, aber geklungen haben die Ergebnisse doch jedes Mal wie Madrugada.

Man könnte auch sagen: Nach norwegischen Sagen und Legenden, nach langen Winternächten und tristen Regenwochen. Was den Unmut der vier erregt: „Wie lange müssen wir das eigentlich noch hören“, fragt Jon, „wir lassen uns, verdammt noch mal, nicht vom Wetter und der Mitternachtssonne inspirieren, und wir machen auch keinen ,Arctic Panorama Rock‘, wie neulich mal einer schrieb.“

„Die Jungs“, flüstert mir Tourmanager und Lichtmeister Jann zu, „werden mal richtig groß, vielleicht größer als Pearl Jam.“ Dann schickt er Blitze über die Bühne, schließt die Augen und lächelt Ich tue es ihm gleich, vermisse glatt kein Bier mehr und fange an, Jann zu glauben. Die schaffen das. Denn besser sind Madrugada manchmal schon jetzt Ungelogen..

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