Die neuen Diven

„Ich habe mir vorgenommen, ein Superstar zu werden, und das schaffe ich auch. Ich will das weibliche Gegenstück zu Michael Jackson werden!“ Es muss eine Weile her sein, dass das gesagt wurde: genau 17 Jahre. Die Schüler-Illustrierte „Popcorn“ stellte damals Madonna vor (als „ein „bisschen Pipi Langstrumpf und sehr viel Nina Hagen“, kein Witz). Es wirkte wild verzweifelt, wie man die 23-Jährige zur Diva der Zukunft erklärte, um die Netzhemd-Single „Holiday“ verkaufen zu können. Gut, sie haben Recht gehabt. Auch ein Kulturpessimist kann irren.

Und jetzt wollen alle wie Madonna sein, keine Gegenstücke, lieber die spirituellen Schwestern. BRITNEY SPEARS hat 2001 recht aufdringlich ein Madonna-T-Shirt getragen und die kumpelhafte Reaktion provoziert, die man auch als Pa-I rodie verstehen kann: Fotos von Madonna im Britney-Hemd. Den anfangs erwähnten Jackson (der Typ mit dem Affen, Sie erinnern sich) boxte sie mit dem „Britney“-Album vom ersten auf den dritten Platz der US-Charts, überhaupt – sie durfte den Pepsi-Spot drehen, sie trat beim „“Superbowl“-Football-Finale mit Aerosmith auf, sie sang bei „“Rock in Rio“. Die nächste Stufe der Divenwerdung, die Entkatholisierung. Auch dadurch vorangetrieben, dass sie in Rio gut hörbar ihre Tänzer als Deppen beschimpfte und der Kosename bekannt wurde, den sie daheim bei ‚N Sync-Freund Justin Timberlake hat: Pinky. Er wird Stinky gerufen.

Britneys Jeans sind schnell gerutscht in den letzten zwei Jahren. Im Video zu „I’m A Slave 4 You“ kamen sie schon knapp über den kritischen Stellen an, und in der Gegend liegt das Dilemma der neuen Diven. Rein symbolisch. Als sich Madonna Ende der Achtziger plötzlich ganz auszog, bekamen die Betrachter zumindest das Gefühl, dass sie das selbst entschieden hatte. Die Diva duldet keine Fremdbestimmung, sie setzt sich den Cowboyhut auf, wenn es Zeit dafür ist. Eine typische Pop-Lüge, aber Britney Spears lügt leider nicht gut.

Bei den NO ANGELS konnten die „“Popstars“-Zuschauer hinterher sogar bezeugen, dass alles mit rechten Dingen zugegangen war, dass nur die besten in die Band durften – betont anders als im neuen deutschen Ludertum, dessen weibliche Exponenten sich angeblich nur auf der richtigen Party den Schaumwein auf die richtige Körperpartie gießen müssen, um sich am nächsten Morgen einen Manager leisten zu können.

Drei männliche Plattenfirmen-Offizielle bescheinigen im Werbe-Video der jungen amerikanischen Sängerin BLU CANTRELL, dass sie wirklich sehr viel Talent habe. Sie, P!NK, OLIVIA, LISA „“LEFT EYE“ LOPES und ALICIA KEYS sind die „Nu Divas“, ein Marketing-Paket, das die Firma BMG auf Litfasssäulen mit dem Slogan „So gut sieht Musik aus“ bewirbt. Gestern die Gitarren-trtc/ies Alanis Morissette und Meredith Brooks, heute die Diven, die qualitativ sehr unterschiedliche Musik machen und vor allem gemeinsam haben, dass es kein Geheimnis um sie gibt und sie deshalb keine Diven sind. P!NK, CHRISTINA AGUILERA, MYA und LIL‘ KIM (man muss sie immer I umständlich aufzählen) stellten in „“Lady Marmalade“ klar die Frage, ob man mit ihnen schlafen wolle. Ja oder nein, und wenn ja, mit wem? Viele empfanden das als Nötigung.

Die erste Post-Madonna-Generation nimmt den Neuen nichts mehr weg: Die Spiee Girls haben bei der Zellteilung ihr Potenzial verloren, die All Saints hocken verkracht in unterschiedlichen Studios. AALIYAH, die große Hoffnung, hat uns verlassen, zumindest das ist zum Heulen. ild Für Cooiness, wohl kontrollierten Glamour, Individualität und dazu hervorragende Musik kann man nur noch DESTINY’S CHILD loben. Da stimmt sogar das mit dem so genannten Post-Feminismus der neuen Diven: Sie kaufen ihre Diamanten selbst. Obwohl sie im Video auch nur Bikinis anhaben.

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