Die Songs sind rumgekommen

Jeb Loy Nichols hat sich auch nach der Trennung der Fellow Travellers die musikalische Reiselust bewahrt

Bereits vor fünf Jahren hat sich Jeb Loy Nichols auf einer Farm in Wales niedergelassen. Doch auch seinem vierten Soloalbum, dem wunderbaren „Now Then“, hört man wieder deutlich an, daß der Mann viel herumgekommen ist: geboren in Wyoming, aufgewachsen in Missouri, zwischengelandet in Texas. Ein Kunststudium lieferte 1979 das Alibi, um nach New York zu gehen, wo sich der 17jährige mehr für die boomende HipHop-Szene interessierte als für Malerei. Eine Faszination für die britische Post-Punk-Szene und die hübschen Musikerinnen der Slits führte 1985 zum Umzug nach London.

Daß Nichols seine erste Band The Fellow Travellers nannte, ist also absolut nachvollziehbar. Mit Posaune, Banjo und Holz-Gitarren mixte das Quintett auf fünf Alben Bluegrass, Folk und Dub-Reggae. Brillante Songs wie „Just A Visitor“ steckten voller Wehmut, besaßen aber gleichzeitig eine tänzelnde Leichtigkeit.

Seit sich die Wege der Fellow Travellers trennten, musiziert Nichols unter eigenem Namen: beseelter, ungestöpselter Soul, mit tiefen Wurzeln im Country und Reggae. Auch das von Lambchops Mark Nevers in Nashville produzierte „Now Then“ schwelgt wieder in schwarz-weißen Roots. Das klingt bei weitem emotionaler und sinnlicher als Lampchop auf dem nur theoretisch vergleichbaren Album „Nixon“.

„Du kannst meine Musik gerne Country-Soul nennen – aber bitte niemals bloß Country und auch nicht Soul“, sagt Nichols. „Unter dem Namen ,Country Got Soul‘ habe ich zwei Compilations zusammengestellt, mit denen ich zeigen wollte, wieviel die Genres gemeinsam haben. Otis Redding hat bis zu seinem 16. Geburtstag fast ausschließlich Country gehört. Und in Jamaika ist Country, nach Reggae, die beliebteste Musik. Viele Songs der Skatalites basieren auf Johnny-Cash-Stücken – ,Music Is My Occupation‘ benutzt unüberhörbar das Riff von ,Ring Of Fire‘.“

Nichols ist fest davon überzeugt, daß alles mit allem verbunden ist. Puristen, egal ob im Soul, Country oder Rock, machen ihn wütend: „Bands wie Oasis versuchen, im Rock das Pure wiederzufinden. Das ist bescheuert, so als hätten die letzten 20 oder 30 Jahre gar nicht stattgefunden.“ Das letzte Album „Easy Now“ ist für Nichols deshalb das schwächste: „Es war purer Singer- Songwriter-Kram.“ Er habe sich verführen lassen von der Einsamkeit und Ruhe des Landlebens, die Nervosität und Spannung der Stadt sei darüber vergessen worden. Inzwischen hat er gelernt, mit der Weite und Stille um ihn herum besser umzugehen. „Now Then“ habe ich in London Dennis Bovell vorgespielt, der alle Klassiker von Linton Kwesi Johnson produziert hat. Sie gefielen ihm gut, und er mixte anschließend ‚Sometimes Shooting Stars‘. Danach hatte der Song einfach alles: eine Reggae-Baßlinie, einen Killer-Rhythmus und eine Geschichte mit offenem Ende.“

Mehr als zwei Dutzend Musiker waren an „Now Then“ beteiligt: Rastas, Cowboys, Soul-Schwestern und die Streicher der Nashville String Machine. Selbst Nichols Frau Loraine Morley, die schon bei den Fellow Travellers mitmischte, ist im Chor zu hören. Die familiäre Atmosphäre hat’s offenbar mal wieder gemacht. Oder wie Nichols es ausdrückt: „Es ist toll, Teil von etwas zu sein, das größer und besser ist als man selbst.“

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