Die Welt kann nichts dafür

Jimmy Eat World sind als unbedarfte Emo-Kids gestartet - und finden sich nun in neuen Rollen wieder: als Verantwortungsträger und ganz normale Rockband

Wie Jimmy Eat World da so stehen, beim Soundcheck im Hamburger Grünspan, ist man ein bisschen überrascht. Das kleine, altmodische Equipment, die schlichte Quartett-Besetzung, der eher unprätentiöse Sound draußen aus der PA – so ganz nackig könnte die Band um Sänger und Gitarrist Jim Adkins auch ein normales Rock-Ensemble ohne all die hippen Konnotationen sein. Doch auf der neuen Platte „Futures“ ist diese Tabula rasa mit vielen (zu vielen!) fürs Musikfernsehen eindeutigen Signalen beschrieben und schwankt ganz bombastisch zwischen Pop und Emo, Rock und Ballade, was einem leider die klare Sicht auf zwei, drei gute Lieder versperrt „Wir hatten diesmal mehr Zeit und Geld“, zuckt Adkins mit den Schultern, „beim letzten Mal haben wir alles selbst bezahlt -jetzt war da ein Budget, und wir haben’s ausgeschöpft.“ Viel mehr ist nicht rauszukriegen aus den vier Jungs aus Mesa/Arizona, die sich über nichts Gedanken machen wollen, angeblich nie Pläne schmieden und alles halt kommen lassen. Auch die geschätzten zwei Jahre Tourneeleben – angesichts der Tatsache, dass in der Zwischenzeit Ehen geschlossen und Kinder gezeugt wurden, hätte man wenigstens da mit Reflexion gerechnet. Aber reflektiert wird hier nicht, jedenfalls nicht öffentlich. „Das ist alles überhaupt nicht schwierig“, will Trommler Zach Lind vom Gejammer vieler Kollegen nichts hören, „wenn man sich zusammenreißt und sich gut beschäftigt, kommt man gut klar.“ Gut klarkommen, das Gesetz bei den Schulfreunden Adkins, Linton, Burch und Lind. Vor drei Jahren hatten Jimmy Eat World keinen Plattenvertrag mehr, brachten aber ganz allein ein Album namens „Bleed American“ zustande, das sich anderthalb Millionen mal verkaufte und die Band zu berühmten Jugendhelden machte.

„Was du da brauchst, ist gute Bodenhaftung“, erklärt Adkins und hat nun doch wenigstens einen Gedanken, „deshalb wollten wir für die neue Platte zurück nach Arizona – es ist da leichter, sich wirklich nur um die Musik zu kümmern und nicht um all die anderen Dinge, die um dich herum passieren.“ Ein paar dieser Dinge kommen offenbar auch in Arizona an: An ein oder zwei Stellen auf „Futures“, auf dem es oft ums Erwachsenwerden und die Gedankenlosigkeit der Jugendjahre geht, wagt sich Adkins sogar an die zeittypische Gesellschaftskritik.

„Nicht mein Ding eigentlich, so ein politisches Statement“, rümpft er die Nase über sich selbst, „aber wir haben keine Wahl. Die Kids hören auf uns das ist eine Verantwortung, die man nicht ignorieren kann.“

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