Dies ist die gefährlichste Executive Order von Trump
Trumps neue Executive Order schafft eine nationale Eingreiftruppe – Kritiker warnen vor Missbrauch und Militarisierung der Innenpolitik.
Donald Trump wollte schon immer seine eigene Privatarmee. Eine Gruppe bewaffneter Männer (und er würde wohl wollen, dass es Männer sind), die er einsetzen kann, um Kritiker zum Schweigen zu bringen, Gegner einzuschüchtern und ganz allgemein durch Gewaltandrohung seinen Willen durchzusetzen. Alle Autokraten, die er bewundert, verfügen über solche Kräfte. Wladimir Putin hat den FSB, Recep Erdogan die SADAT, Viktor Orbán die TEK.
Trumps Executive Order und ihre Dimension
Schon in seiner ersten Amtszeit drohte Trump auf Social Media damit, dass „Cops, Biker und Soldaten“ bereitstünden, um in seinem Namen Gewalt auszuüben. Er konnte sich nicht überwinden, die Proud Boys während der TV-Debatten 2020 zu verurteilen. Und obwohl ihn selbst enge Vertraute und seine Kinder baten, die Aufständischen vom 6. Januar zurückzurufen, sah er sich mehr als drei Stunden lang das Chaos im Fernsehen an, ehe er zögerlich eingriff – nicht ohne ihnen vorher seine Liebe auszusprechen.
Vor diesem Hintergrund unterzeichnete Trump vergangene Woche eine Executive Order mit dem Titel „ADDITIONAL MEASURES TO ADDRESS THE CRIME EMERGENCY IN THE DISTRICT OF COLUMBIA“ (die Großbuchstaben stammen von ihm). Auch wenn die Order vordergründig seine Machtübernahme über die Polizeigewalt in Washington betrifft, steckt darin eine Anweisung an Verteidigungsminister Pete Hegseth, „eine ständige National-Guard-Schnelleingreiftruppe bereitzustellen, die ausgerüstet, trainiert und für den raschen landesweiten Einsatz verfügbar ist“.
Diese Truppe solle „bei der Unterstützung von Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden zur Niederschlagung von Unruhen und zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung“ bereitstehen.
Die Executive Order sieht 600 Soldaten vor, die Trump auf Knopfdruck überall im Land einsetzen kann – insbesondere zur Unterdrückung von Protesten und zivilem Widerstand. Dass dies in einer Order versteckt ist, die angeblich gegen Alltagskriminalität vorgehen soll, lässt auf eine viel weitergehende Absicht schließen.
Militär als Polizei?
Die Nationalgarde ist keine Polizei. Sie ist eine militärische Organisation, die normalerweise den Gouverneuren untersteht. Soldaten sind nicht dafür ausgebildet, Demonstrationen aufzulösen, Straßen zu überwachen oder Kleinstvergehen zu ahnden. In den USA gibt es eine lange Tradition, das Militär von innerer Polizeiarbeit fernzuhalten. Genau deshalb existieren die Verfassungszusätze Nr. 2, 3 und 4.
Trump dagegen sieht Soldaten und Polizisten als austauschbar, weil beide Waffen tragen. Diese gefährliche Fehleinschätzung zeigte sich schon 2020, als er das Militär zur gewaltsamen Niederschlagung der George-Floyd-Proteste einsetzen wollte – notfalls mit Schusswaffen. Erst Verteidigungsminister Mike Esper und Generalstabschef Mark Milley stoppten ihn. Beide beschuldigte Trump später des „Verrats“.
Ein Bundesrichter entschied kürzlich, dass Trumps Einsatz der kalifornischen Nationalgarde in Los Angeles ohne Zustimmung von Gouverneur Newsom gegen den Posse Comitatus Act verstieß. Trotzdem versucht das Weiße Haus nun, über Absprachen mit republikanischen Gouverneuren wie Greg Abbott (Texas) Schlupflöcher zu nutzen – etwa indem texanische Truppen in Chicago eingesetzt werden sollen, gegen den Willen des dortigen Gouverneurs.
Elite-Truppen als Gefahr
Trump ahmt damit „Crime Suppression Units“ nach, die in vielen US-Städten schon für Skandale sorgten. Solchen Einheiten werden oft Sonderrechte eingeräumt – was zu Gewalt, Korruption und Missbrauch führt. Tyre Nichols wurde von einer solchen Einheit in Memphis totgeprügelt. In Los Angeles existierte in den 1990ern die berüchtigte „Death Squad“-Gruppe, die 125 Millionen Dollar an Entschädigungen nach sich zog. Auch New York, Chicago, Baltimore, Philadelphia oder Newark hatten ähnliche Skandale.
Besonders bedenklich ist, dass Trump ausgerechnet Pete Hegseth mit Aufbau und Führung dieser Truppe betraut. Hegseth gilt als Hardliner, verherrlicht „Tödlichkeit“, verteidigte mehrfach Kriegsverbrecher und inszenierte Trump als von Gott „souverän eingesetzten“ Herrscher.
Loyalität statt Recht
Die Nationalgarde besteht zwar aus Teilzeitsoldaten, die oft aus ihren Heimatstaaten stammen und eher geneigt sein könnten, illegale Befehle zu verweigern. Doch mit Hegseth an der Spitze dürfte die Auswahl gezielt auf Trump-loyale Kräfte hinauslaufen. Bereits jetzt ist klar, dass Gerichte eingreifen könnten – doch selbst dann würde Trump wohl alternative Einheiten mit ICE-, Border-Patrol- oder FBI-Beamten aufstellen.
Der Kongress hat Trump kürzlich zusätzliche Milliarden für Personalaufbau in diesen Behörden bewilligt. ICE verkürzte seine Ausbildung bereits drastisch auf 47 Tage – angeblich ein „Zufall“, dass es genau Trumps Präsidentennummer ist.
Demokratie in Gefahr
Schon in den 1980ern war es das Pentagon selbst, das den Einsatz regulärer Truppen im Inneren verhinderte. „Wir lassen Armee, Marine, Luftwaffe und Marines nicht als Polizei agieren. Länder, die das taten, sind im Chaos versunken“, warnte 1989 General Stephen Olmstead. Kürzlich wiederholte General a.D. Randy Manner diese Warnung: „Militärs sind zum Töten ausgebildet, nicht zur Polizeiarbeit. Das sollte jedem Amerikaner Angst machen.“
Trump und Hegseth haben alles darangesetzt, solche Stimmen aus dem Pentagon zu verdrängen. Es bleibt zu hoffen, dass nicht alle Kritiker entfernt wurden.